Er konnte noch nicht mal sagen was ihn aufgeweckt hatte. Vielleicht waren es die Gedanken an das Gespräch mit Lucy gewesen, die ihm die ganzen Nacht im Unterbewusstsein herumgespukt hatten. Denn seltsamerweise hatte sie ihn nicht ausgelacht, als er ihr am Vortag zugestimmt hatte. Am ende hatte sie recht behalten. Auch wenn ein Bferdestall mit Boxen wirklich schick aussah, vor allem am Anfang, so wurde er mit steigender Pferdezahl doch immer unpraktischer. Und immerzu war irgendwas kaputt oder dreckig. Da konnte er putzen wie er wollte. Und dabei waren die Pferde doch schon den ganzen Tag auf der Koppel, im Sommer sogar auch die Nacht über. Und dennoch hatte er es nicht geschafft den Stall so zu halten wie er es sich am Anfang vorgestellt hatte. Müde schlüpfte er in Klamotten, die er sich aus dem Wäschekorb angelte. Er hatte keine Lust jetzt vor dem Kleiderschrank zu stehen und sich zu überlegen welches Hemd er heute anziehen würde. Dazu war er noch zu müde. Während er in die Küche schlurfte um sich Kaffee zu holen, hörte er deutlich Lucys Stimme im Kopf. “Mach dich nicht fertig. Du hast es versucht, und es hat nicht geklappt. Jetzt liegt es an dir, eine Lösung zu finden.” und die brauchte er wirklich. Denn inzwischen ging nicht nur ständig was im Stall kaputt, auch näherte sich der Stall der Endkapazität. Verdammt, so viele Pferde hatte er eigentlich gar nicht haben wollen! aber es war zu verlockend, und er hatte ja auch genug Leute die die Pferde versorgten und bewegten. Es war so einfach immer mehr von den hübschen Tieren anzuschaffen, wenn man keine Geldsorgen hatte! Und die hatte er nach dem letzten Pemberley Event nun wahrlich nicht mehr. Der Stallumbau war abgesichtert.
Codo trat hinaus in die kühle Morgenluft und schritt am Stall entlang. Doch wie wollte er den Hof neu strukturieren? Gestern hatte Lucy ihm noch Ideen an die Hand gegeben, die ihm zugegebenermaßen sehr gut gefielen. Dieses Aktivstallkonzept, dass die Tiere zu mehr Bewegung auf der Koppel anhielt, das gefiel ihm außerordentlich. Und Lucy hatte vollkommen Recht – einen Offenstall sauber zu halten, war wesentlich einfacher als einzelne Boxen auszumisten. Und die Weide war blitzschnell mit dem Traktor saubergemacht. Also der Stall weg – und eine beheizte Sattellkammer mit Möglichkeit zum satteln, wie Kiki sich das gewünscht hatte dafür hin, direkt neben dem Heulager? Codo schmunzelte. Gerade war es so warm, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass man eine beheizte Sattelkammer brauchen könnte – und das mitten im Winter! Aber gut, wenn Kiki das haben wollte, dann wollte er mal nicht so sein.
Gerade wollte Codo den Blick den Koppeln zuwenden, als er ein knurren hörte. Und dann noch ein knurren. Das klang nach Hund. Nach großem Hund. Verwundert bog Codo um die Ecke – und erschrak. Was zum Teufel war da los? War das – ja, der eine Hund war Hadriana, einer der Schutzhunde die zu seiner Security Firma gehörten. Wieso lief die hier frei rum? Sollte sie nicht eigentlich asl Wachhund verliehen sein? Wie dem auch war – sie hatte hier draußen, so alleine nichts verloren, sie war viel zu gefährlich um sie ohne Aufsicht alleine auf dem Gelände herumlaufen zu lassen. Gerade wollte er sie zurückpfeifen als er erkannte, dass die Hündin sich mit einem weiteren Hund um irgendetwas zu streiten schien.
Ein Schritt näher und Codo verschüttete seinen Kaffee. Das am Boden war ein Fuchs. Ein junger fuchs, der offensichtlich gejagt und hier auf seinem Hof gerissen worden war – und zwar von einem Hund, der so gar nicht aussehen wollte wie ein hund – die Ohren waren viel zu klein für einen Schäferhund, und das Tier wirkte auch viel gedrungener als Hunde es normalerweise taten. Und wesentlich plüschiger als die Wolfshunde die er bisher gesehen hatte. Konnte das sein? Nun, hier in bayern war es ja nicht unüblich, dass Wildtiere bis hoch zum Braunbären immer mal wieder gesichtet wurden. Aber ein Wolf, hier auf dem Mühlenhof?
Ein weiterer Schritt und der Canide zog den Schwanz ein. Hadriana sah ihre Chance gekommen. Während Codo sein Handy zückte und die Videoaufnahme startete, ging Hadriana von knurren zu einem kurzen Bellen über und attackierte den Eindringling mit der ihr antrainierten Gewalt. Ein Sprung, ein Biss – der unerwarteterweise ins Leere ging. Der Canide war geschickt ausgewichen, was die Schäferhündin sichtlich verwirrte. Normalerweise war ihr Gegenüber nicht so flink. Ein Pfiff störte die Hündin zusätzlich. Offensichtlich war bemerkt worden dass sie nicht da war wo sie hingehörte. Noch ein Pfiff und die Hündin sah zu Codo hoch. Konnte sie ihm den eindringling überlassen? Eine kleine Kopfbewegung reichte und die Hündin knurrte noch einmal in Richtung Eindringling, bevor sie verschwand. Codo machte noch einen Schritt auf den Caniden zu, der offensichtlich verunsichert war, was jetzt zu tun sei. Noch ein Schritt. Langsam wurde die Stelle kalt an der er vorhin das Hemd mit Kaffee durchtränkt hatte. Noch ein Schritt. Nicht mehr lange und er würde bei dem Fuchs sein. Der Canide legte den Kopf in den Nacken – und begann zu heulen. Wie der typische Wolf, den man aus dem Fernsehen kannte. Was Codo in seiner Vermutung bekräftigte – ein Wolf. Ein eher scheues tier. Mutig ging er festen Schrittes auf den Wolf zu, der offensichtlich keine Lust hatte sich mit einem Menschen anzulegen – und schnell das Weite suchte. Codo machte die Kamera aus und sah nach dem Jungfuchs, der wohl asl Frühstück geplant gewesen war – und der zu seiner Verwunderung noch lebte! Jetzt musste schnell gehandelt werden. Schon hatte er das geschwächte wildtier aufgehoben und rannte zurück zum Wohnhaus, wo er mit kräftigem Klopfen an der Tür Lana und safar außerdem Bett holte. Verschlafen öffnete Lana die Türe. “Was is denn los?” fragte Lana verwundert und erblickte im nächsten Moment den Jungfuchs in Codos Armen. “Was zum Teufel?” fragte sie und war mit einem Schlag hellwach. “Wolf. Kannst du ihn gesund pflegen?” fragte Codo und hoffte inständig dass Lanas Jadgausbildung nicht nur das schießen beinhaltet hatte. “Ich versuchs zumindest.” meinte diese und nahm Codo den Fuchs ab. “Ich kann nichts versprechen, aber ich geb mein bestes.”
Nachdem Codo den Fuchs bei Lana abgeliefert hatte, lief er ruhelos erst in die eine, dann in die andere Richtung. Er musste jetzt etwas tun. Aber was? Und mit wem sollte er die Situation besprechen? Dann kam ihm eine Idee und er machte sich sofort auf den Weg zu dem Portal, das die verschiedenen Ställe der Allianz miteinander verband. Wenige Sekunden später stand er bereits im Hof der Kammuniaks und die Eingangstür hielt ihn nicht lange auf. Ein Magier zu sein, hatte manchmal seine Vorteile.
Er verspürte ein wenig Gewissensbisse, als er an die Schlafzimmertür klopfte und seinen Freund und dessen Frau aus dem Bett holte. Verschlafen und verwirrt öffnete Diamo ihm die Schlafzimmertür. „Entschuldige, dass ich dich so früh wecke, aber ich müsste mir deine Frau ausleihen.“ Gina knurrte nur verärgert und drehte sich wieder um. Doch da hatte sie die Rechnung ohne Codo gemacht, der einfach zum Schrank ging und ihr ein paar Klamotten herausholte und auf das Bett warf. „Ich werde noch einmal höflich fragen.“ Gina schwang sich aus dem Bett, holte Aurelia-Josefin aus ihrem Bettchen, nachdem sie zu jammern begonnen hatte, und drückte sie Codo in die Hand. Danach legte sie sich demonstrativ wieder ins Bett.
Diamo sah seinen Freund an und ahnte, was kommen würde. Verzweifelt versuchte er, Codo aufzuhalten, wurde aber von seiner Tochter abgelenkt, die zu ihm hinüberging. Ehe Gina sich versah, stand sie aufrecht und ein Zauber tauschte ihr Nachthemd gegen Tageskleidung aus. Noch bevor sie sich beschweren konnte, packte Codo sie am Arm und zog sie unaufhaltsam mit sich. „Keine Sorge, entweder bist du bis zum Frühstück wieder zu Hause, oder ich lade euch alle zum Frühstück in das beste Restaurant der Gegend ein.“ Aber das machte Gina nicht gerade freundlicher. Missmutig ließ sie sich nach MFS ziehen, wo Codo gerade Moony aus dem Bett holte. Als dieser Codo für verrückt erklärte und ihm die Tür vor der Nase zuschlagen wollte, konnte Gina sie nur warnen. „Er wird dich notfalls wieder aus dem Bett holen. Scheint, als ginge es um etwas wirklich Wichtiges.“ Ein Blick auf die genervte Gina ließ Moony nachdenklich werden, und sie schien sich nicht streiten zu wollen. Gut, dann bekam Codo heute ausnahmsweise seinen Willen.
Gemeinsam gingen sie zurück zum Mühlenhof, wo Codo erneut seine Magie einsetzte, um den beiden zu zeigen, was passiert war. Dann setzte er sie im Wohnzimmer auf eines der Sofas und begann vor lauter Aufregung fast Furchen in den Boden zu ziehen. Moony gähnte und Gina musste ein wenig lachen. „Der große Codo hat also Angst vor Wölfen?“ Codo knurrte ungnädig. „Was zum Teufel ist dein Problem? Warum hast du uns aus dem Bett geholt?“, fragte Moony unverständlich. „Lana hat doch einen Jagdschein. Wenn dir der Wolf, wenn es denn wirklich einer war und kein wildernder Hund, so gegen den Strich geht, dann kann Lana sich doch darum kümmern, oder?“ Codo starrte sie an. „Du willst, dass Lana den Wolf erschießt? Bist du verrückt?“ Moony seufzte. „Eigentlich dachte ich eher daran, ihn einzufangen und woanders wieder freizulassen, da das Erschießen illegal ist, aber das wäre auch eine Möglichkeit.“ Codo grummelte. „Niemand wird dee wolf auch nur ein Haar krümmen!“ Auch Gina seufzte. „Wenigstens bist du vernünftig in dieser Sache. Aber was genau hat dr große Codo jetzt für ein Problem mit dem kleinen Wolf?“ Codo seufzte. „Hast du vergessen, dass sie Rudeltiere sind? Wo einer ist, sind zwangsläufig auch andere. Und wenn sie erst einmal hier sind… Ich bin mir sicher, dass Pferde auch den Wölfen schmecken. Oder Lanas Miniaturkühe. Oder Briars Kaninchen. Und ganz zu schweigen davon, dass sie durch das Portal schlüpfen und bei dir landen könnten… Habt ihr keine Angst um eure Tiere?“ Moony gähnte uninteressiert. „Gina hat schon lange Wölfe um sich, und wir hatten letztes Jahr auch einen Wolf um uns… Ich weiß also nicht, wie es dir geht, Gina, aber ich fühle mich gut gerüstet gegen ein hungriges Tierchen.“ Auch Gina zuckte mit den Schultern. „Wozu gibt es denn Wachtiere? Gerade du hast doch genug Hunde, um den Hof zu bewachen, warum regst du dich so auf?“ Codo holte tief Luft und begann aufzuzählen. „Sophies Hunde sind Zucht- und Ausstellungshunde. Rumiel und Panchiel sind Wachhunde im Ponystall, Briant ist nur Schau- und Begleithund von Lana und Haldur, Hadriana, Haluk, Hana und Hammilton sind Schutz- und Wachhunde. Ich kann sie hier auf dem Hof nicht gebrauchen, selbst wenn ich sie von ihren derzeitigen Aufgaben abziehen könnte. Hier gibt es zu viele Menschen, zu viele Kinder, es ist zu gefährlich!“ Gina verdrehte die Augen. „Du willst mir erzählen, dass du ausgebildete Wachhunde hast und sie nicht zur Bewachung des Hofes einsetzen kannst?“ „Nein, denn sie sind darauf trainiert, Menschen anzugreifen, wenn es nötig ist.“
Okay, das war ein starkes Argument. „Hast du schon mal über einen Schutzzaun nachgedacht?“, fragte Moony behutsam. „Es wird zwar nicht wie ein klassischer Pferdehof aussehen, aber die Tiere sind dann sicher.“ Gina lachte. „Klassischer Pferdehof, das stört unseren Codo nicht! Er will sowieso wieder ausbauen!“ Moony hob eine Augenbraue. „Ich habe dir gesagt, dass ein Stall mit nur 30 Boxen zu wenig ist… Aber du wolltest ja nicht hören!“ Codo rollte mit den Augen. „Als ob das ein Problem wäre… Wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich einfach einen weiteren Stall hinzugefügt! Aber das ist hier nicht das Thema!“ Gina schaute sich Beispielbilder auf ihrem Handy an. „Da, schau, Wolfsschutzzäune. Zieh sie um die Wiesen und alles wird gut.“ Codo schnappte sich das Handy und musterte die Bilder. „Und was mache ich, wenn der Wolf über den Zaun springen will? Oder wenn ein Luchs kommt oder ein Bär?“ Jetzt musste auch Moony lachen. „Ein Bär? Codo, Himmel, du bist in Bayern und nicht im Yellowstone National Park! Bären gibt es hier nicht und Luchse tummeln sich in einer anderen Ecke Bayerns!“ Codo gab Gina das Handy zurück: „Aus Italien kommen immer wieder Bären zu uns. Letztes Jahr gab es eine Sichtung, nur etwa einen Tagesmarsch von hier entfernt. Wenn der Bär hungrig ist, kommt er weit.“
So unwahrscheinlich es auch war, die beiden Frauen verstanden die Sorge ihres Freundes. „Sieh zu, dass der Zaun nicht so leicht untergraben werden kann, das ist erst einmal wichtig. Und wenn du Angst hast, dann nimm einen höheren Zaun? Damit niemand drübersteigen kann?“ „Für einen Braunbären muss er wirklich hoch sein.“ sagte Moony. Codo begann zu grübeln. „Zwei Meter Höhe sollten ausreichen… “ „Solange du keinen Drahtzaun verwendest“, wandte Gina ein, und Moony nickte. „Darin können sich die Pferde leicht verfangen und sich schwer verletzen.“ Codo winkte ab. „Nee, die sind mir sowieso zu instabil. Wenn Lana mich überredet, Rehe zu halten, dann höchstens für sie, aber für die Pferde stelle ich mir Stabmattenzäune vor.“ Er lächelte fröhlich. „Ja, das ist eine sehr gute Idee. Gleich nach dem Frühstück werde ich mit den Umbauarbeiten beginnen.“ Gina und Moony sahen sich an. Würde das gut gehen? „Ihr macht euch schon wieder zu viele Sorgen. Ich verwöhne euch jetzt erst einmal mit einem leckeren, herzhaften Frühstück!“
„Codo… Hattest du nicht von neuen Ställen gesprochen? Ich kann mich nicht erinnern, dass du von einem neuen Haus und Garten gesprochen hast.“
„Ja, weißt du… Ich hatte das Geld, wir waren schon im Bau und ich war so beeindruckt von all den Anwesen, die ich als Reiter gesehen habe… Ich wollte etwas Schickes für mich haben.“
Anmerkung: Gib Codo niemals Geld und lass ihn etwas bauen. Es wird immer… „ausgefallen“. Und lass mich nie etwas in meiner Geschichte umbauen. Ich bin viel zu schnell gelangweilt von dem, was ich tue, und dann werden meine Sachen zu… „ausgefallen“. XDDD
Aber ja, ich bin jetzt glücklich. Für – wer weiß wie lange.
Es sollte also ein Pas De Deux werden. Eine Tatsache, die Codo selbst jetzt, kurz vor dem Wettbewerb im Englischen Garten, noch Kopfzerbrechen bereitete.
Nicht, dass er etwas gegen Lucys Plan gehabt hätte, als sie ihn darauf hinwies, dass der Trakehner Verband ein Turnier ausgeschrieben hatte. Anlässlich des deutschen Festes, das jedes Jahr in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai stattfand und aus dem Codo eines gelernt hatte – seinen Boden und sein Hab und Gut zu schützen. Eigentlich mochte er die Bayern, die ein eher ruhiges, praktisches Volk waren, sehr gerne, aber bei ihren Festen war er manchmal ziemlich überrascht. Nicht nur, dass den Bayern zu jedem Fest gepflegtes Bier in rauen Mengen in den Schlund gekippt wurde – und die Bayern, vor allem die, die auf dem Land lebten, tolerierten viel – nein, auch die seltsamen Bräuche, die sie hier hatten, machten ihm doch etwas zu schaffen. Und in der ersten Mai-Nacht war es in Bayern offenbar Brauch, alles, was nicht niet- und nagelfest war, unter den Maibaum zu legen. Obwohl es eine unausgesprochene Regel gab, dass dabei nichts zerstört werden durfte, gefiel es Codo, wenn die Dinge in seinem Garten blieben – selbst wenn es ein heruntergefallenes Hufeisen war.
Obwohl ihm Sophies Vorschlag, einfach auch einen Maibaum im Hof aufzustellen, gefallen hatte, in der Hoffnung, dass die Dinger dann dort auftauchen würden, statt am Maibaum unten in der Stadt. Aber da auch der Maibaum geschützt werden musste, hatte Codo trotzdem nicht auf Wachhunde und Wächter verzichten wollen. Nicht, dass jemand den kunstvoll geschnitzten Baum, in den der ganze Hof so viel Herzblut gesteckt hatte, stahl und er ihn mit viel Bier zurückkaufen muss!
Ein kalter Schauer lief ihm bei dem Gedanken an diese Möglichkeit über den Rücken und er fummelte nervös an seiner Weste herum. Eine weitere Sache, die ihm einfach aufgedrängt worden war. „An einem Wochenende, das unter dem Schirm des Brauchtums steht, muss man sich entsprechend kleiden“, hatte er noch Lucys Stimme im Ohr, als sie ihn ins Auto gepackt und einfach in einen Trachtenladen geschleppt hatte. Auch wenn er sich anfangs gewehrt hatte, so hatten sie sich doch einigen können. Entgegen Lucys Wünschen war es kein modernes Dirndl geworden, doch zumindest ein klassisches in Rosa, das hatte sein müssen. WEnn Codo schon auf klassi bei sich und seiner Partnerin bestanden hatte, so hatte sich Lucy zumindest bei der Farbauswahl durchgesetzt.
Nur bei der Musik hatte sich Codo keinen Millimeter von seinem Standpunkt entfernt. „Keine traditionelle Musik, kein Jodeln, keine Blaskapellenmusik!“ Zähneknirschend hatte Lucy nachgegeben und ein sehr schönes, modernes Lied ausgesucht, das zudem leicht zu reiten war.
Und nun waren es tatsächlich nur noch ein paar Minuten, bis sie in das Dressurviereck reiten würden. Wie stolz Lucy aussah, auf ihrer hübschen Stute, die genau wie ihre Reiterin geschmückt war. Auch Lola und Codo drehten ihre Runden zum Aufwärmen und Codo seufzte schwer. Diese verflixten Lederhosen fühlten sich so unangenehm an, außerdem wurde es viel zu schnell dunkel und… Lucy gesellte sich zu ihm. „Lächle, Codo! Ich bin sicher, die Richter werden einem Griesgram keine gute Note geben. Außerdem sieht das unprofessionell aus!“ Er hätte sie am liebsten erwürgt, aber da war sie schon weg. Lächeln. Was war er? Eine Schaufensterpuppe? Lola schnaubte, als ihr Reiter die Zügel in die Hand nahm und sich daran erinnerte, warum er hier war. Um zu zeigen, wozu sie beide fähig waren. Er schloss zu Lucy auf und brummte. „Dafür bist du mir was schuldig.“ Die lachte nur und schien sich ebenfalls an Codos Leiden zu ergötzen. Die beiden machten sich auf den Weg zum Dressurviereck und Lucy kicherte amüsiert. „Komm schon, du siehst wirklich gut aus! Und die Veranstaltung hat die Stimmung ein bisschen aufgepeppt!“ Codo knurrte unwillig. „Meine Stall sind schon belebt genug!“ „Freust du dich denn gar nicht, unsere Gäste zu sehen?“ Lucy erkannte in Codos Blick, dass er sich sehr über den Besuch ihres Partners Scott Peak Stables freute. Er hatte sogar persönlich die Gästezimmer vor der Ankunft der Gäste kontrolliert und wie ein Hotelier eine kleine Schokolade zur Begrüßung auf die Kissen gelegt. „Wenn wir schon Gäste bekommen, muss man sie auch ordentlich empfangen!“ waren seine Worte gewesen und Lucy erkannte auch jetzt, dass er es sehr vermisste, zu reisen oder Freunde einzuladen, wie es früher gewesen war. „Wo bist du mit deinen Gedanken?“, hörte sie Codo wie aus weiter Ferne brummen. „Wir sind die Nächsten!“ Sie schüttelte den Kopf und kehrte zum Dressurviereck zurück. Das Viereck war frei. Zeit zum Einreiten. Die Pferde betraten das Viereck und wurden schon nach wenigen Schritten gestoppt, denn auch die Richter wollten gegrüßt werden. Lucy hielt unwillkürlich den Atem an. Es war schon viel zu lange her, dass sie mit ihrer Stute auf einem Turnier gewesen war. Viel zu lange, um nicht nervös zu sein. Auch wenn die brave Stute gut damit zurechtgekommen war, dass ihre Besitzerin keine Zeit für sie hatte und Codo als alternative Bezugsperson geduldet hatte, so spürte Lucy doch das Band, das die Stute mit ihr verband. Obertaurer – für sie kam nur eine Person in Frage. Die ersten Takte der Musik verklangen, ein letzter Blickwechsel mit Codo, dann trabten die beiden Stuten los, parallel zueinander, wie an einer Schnur gezogen. Lucys Atem beruhigte sich mit jedem Schritt, den ihr Pferd machte. Ja, sie war aus der Übung, aber Steph machte es ihr leicht, wieder ins Turnierleben einzusteigen. Sicherlich ging die Stute vorwärts und sagte bei jedem Schritt: „Wir haben geübt. Wir sind ein gutes Team. Wir können das schaffen!“
Sie habens im übrigen geschafft und Platz eins und zwei belegt. Da hat sich die Arbeit, die ich in das Bild gesteckt hab wirklich gelohnt.
Selbes Event wie das, für das ich das Pas De Deux gemalt hab und auch hier hat sich die Arbeit gelohnt – Erster Platz in der Klasse und Reservechampion des Events. Das war erfolgreich, würde ich jetzt mal sagen.
Natürlich lud Alec Codo zu sich in die Wüste ein, um ihm zu zeigen, wo seine Pferde untergebracht und ausgebildet werden würden, während er in Japan war.
Sie besuchten nicht nur die Trainingsanlagen, sondern auch die Ställe, in denen einige Pferde standen, die heute verkauft werden sollten. Codo war fasziniert. Nicht nur von den eleganten Ställen, sondern auch von den Pferden, die er dort sah. „Weißt du, Alec, ich wollte Pferde hierher bringen. Jetzt, wo ich diese Pferde gesehen habe, möchte ich ein paar mit nach Hause nehmen!“ Alec grinste. „Leider sind die hier schon vergeben. Aber wenn du magst, finden wir sicher ein paar auf unseren Weiden für dich!“
Codo ist zu Besuch im Black Cinnamon Stall von Reenchen
Es war ein schöner Frühlingstag und die Sonne war warm genug, um die warmen Klamotten endlich zu Hause zu lassen, sehr zur Freude von Lana, die ihren Freund mit größtem Vergnügen zu einem Ausritt überredet hatte. Seit Codo die Welt der Nordanner bereist hatte und mit spannenden Geschichten zurückgekommen war, gab es auf dem Mühlenhof einige Reiter, die sich, auch zur Freude der vielen Nordanner auf dem Hof, hin und wieder die Zeit nahmen, die geheimnisvolle Welt der bunten Pferde zu erkunden. Der heutige Tag war da keine Ausnahme. Nach getaner Arbeit hatte Lana nichts mehr zu Hause gehalten. Sie hatte Ashalia gesattelt und Safar fast keine Wahl gelassen. Aber das war gar nicht nötig, denn Safar genoss nicht nur Lanas Gesellschaft, sondern auch die langen Ausritte mit Wirrander, dem ruhigen Nordanner-Hengst, der seinen Reiter geduldig überall hin trug und ihm jeden noch so großen Ausrutscher großzügig verzieh – denn Safar zeigte sich am Ende des Rittes oft ebenso großzügig mit Leckereien. Die beiden hatten seit dem ersten Tag eine Art stille Übereinkunft – je mehr Safar den Ritt genoss, desto mehr durfte Wirrander danach naschen. Ein lohnendes Geschäft, wie Lana festgestellt hatte. Aber es war auch ein einträgliches Geschäft für Lana und Ashalia, die es liebten, ein wenig schneller zu reiten – und nun die perfekte Ausrede hatten. Schließlich mussten der Naschkatze die Kilos ja wieder abtrainiert werden!
Heute waren Pferd, Reiter und der Hund, den Lana dabei hatte, in einem eher ruhigen Vorort gelandet, mit schmucken Häusern und extravaganten Villen. Während Safar und Lana sich an der Buntheit, die sie umgab, und den schönen Gärten, die sie sahen, nicht sattsehen konnten, waren Wirrander und Ashalia dem Ritt nicht abgeneigt, denn die schön gestutzten Hecken, die manchmal am Straßenrand standen, waren recht schmackhaft.
„Es ist, als ob die Leute hier darauf aus sind, einen zum reinbeißen herauszufordern.“ sagte Safar, und Lana drehte sich überrascht um. Hatte Wirrander da gerade gesprochen? Es hörte sich fast so an. Und ihr Herz blieb fast stehen. „Safar! Du kannst doch nicht einfach etwas von der Hecke pflücken und essen!“, rief sie entsetzt, als sie sah, wie ihr Freund sich an den Blüten der Hecke labte, ebenso wie sein Pferd. Ashalia begann ebenfalls, ein paar Blüten abzupflücken, und sie schienen ihr zu schmecken. „Und warum nicht? Meinst du, wir kriegen Ärger?“ Lana rollte mit den Augen. „Das ist mir sowas von egal! Wenn es sein muss, sind wir auf zwei schnellen Pferden unterwegs und können uns aus dem Staub machen. Aber was ist, wenn das, was du da isst, giftig ist?“ Safar verschluckte sich fast vor Lachen. „Kapuzinerkresse und giftig? Sag mal, hast du im Unterricht nicht aufgepasst?“ Lana errötete und Ashalia schnaubte, als sie spürte, wie ihre Reiterin sich im Sattel zusammenrollte. „Na ja, ich war nicht gerade die Beste in Botanik…“, gab Lana zu, nicht gerade begeistert, auf einen der Schwachpunkte in ihrer Schullaufbahn hingewiesen worden zu sein. Safar grinste. „Und das ausgerechnet bei dir. Aber wie man so schön sagt, man kann nicht alles wissen.“ Lana schnaubte mürrisch. „Wehe, du erzählst jemandem davon!“ „Ja klar, ich erzähle es der ganzen Welt!“
Ein Bellen unterbrach das fröhliche Geplänkel und die Pferde spitzten die Ohren. War da nicht eine Bewegung hinter dem Vorhang? „Lass uns lieber weiterreiten.“ Auch wenn Lana sich nicht wirklich für die Bewohner der Häuser zu interessieren schien, war es Safar ein wenig unangenehm, beobachtet zu werden. Er mochte sich nicht vorstellen, dass einer der Hausbesitzer herauskam und sie darüber belehrte, dass sie nicht an den Hecken anderer Leute knabbern sollten. Also setzte sich Wirrander in Bewegung, da er das Unbehagen seines Reiters spürte. Ja, die Hecke war köstlich gewesen, aber jetzt war es an der Zeit, weiterzuziehen. Außerdem hatte er bereits ein Auge auf die nächste leckere Hecke geworfen, die ihn lockte. Auch Ashalia trabte gemütlich hinterher, begierig auf den nächsten Bissen. Ob die nächste Hecke wohl auch so lecker war?
Während sich die Pferde an der Hecke gütlich taten, versuchten Lana und Safar, das Haus auszumachen, das einen riesigen Vorgarten hatte – mit allerlei Heckenfiguren, gestutzten Rasenflächen und allerlei landschaftsgestalterischem Schnickschnack, der wirklich hübsch aussah. Das Herrenhaus, das man in der Ferne erkennen konnte, war ebenfalls sehr hübsch. Ein weißes Haus mit gelben Verzierungen und vielen herausragenden Balkonen. „Das würde ich gerne aus der Nähe sehen„, sagte Lana und ihre Augen funkelten vor Vorfreude. „Aber das ist Privatbesitz, da dürfen wir nicht so einfach ran“, antwortete Safar und hob fragend eine Augenbraue, als Lana mit dem Fuß die Tragfähigkeit der Hecke prüfte. „Du willst doch nicht etwa …“ „Bin gleich wieder da! Sei ein Schatz und pass so lange auf Ashalia auf!“ mit diesen Worten war die junge Frau auch schon aus dem Sattel und auf die andere Seite der Hecke gesprungen. Safar ergriff die Zügel der Stute und sah seiner Freundin mit offenem Mund nach. Lanas Hund Briant versuchte gar nicht erst, eine Lücke in der Hecke zu finden. Seufzend legte er sich in die Mitte des Weges und tauschte kurz einen Blick mit Safar aus. „Ich weiß. Sie ist manchmal völlig verrückt.“ murmelte Safar und beobachtete die junge Frau, wie sie über die Wiese schlich und dabei geschickt alle dekorativen Elemente als Deckung nutzte. Mit knurrendem Magen beobachtete er, wie Lana sich immer weiter in Richtung der Villa vorwagte – nur um kurz darauf so schnell zurückzukehren, wie ihre Füße sie trugen. Safar seufzte laut und rollte mit den Augen. Das war offensichtlich gewesen. „Briant?“ Lanas Hund sprang auf. „Beschützen.“ Er deutete in die Richtung des Hundes, und Briant sprang mit einem Satz zuerst auf Ashalias Rücken und von dort weiter in den Garten, um sich in halsbrecherischer Geschwindigkeit zwischen seine Besitzerin und die beiden Hovawarts zu stellen. Lautes Bellen und wildes Knurren waren die Folge. Lana hatte inzwischen die Hecke erreicht und nahm dankbar die Hand, die Safar ihr reichte. Schnell stand sie auf der Hecke und balancierte vorsichtig auf den dünnen Ästen, wobei sie sich an ihrem Freund festhielt, der Mühe hatte, Ashalia und Wirrander in Schach zu halten, die sich von der allgemeinen Aufregung anstecken ließen. Während Wirrander aufgeregt schnaubte, begann Ashalia zu tänzeln und zu wiehern.
Ein Pfiff und Briant riss sich von den fremden Hunden los. Er nahm Anlauf und sprang flink die Hecke hinauf, als würde er das jeden Tag tun. Safar musste das mit Bewunderung zugeben – die Tiere, die Lana trainierte, folgten ihrem Wort und konnten in der Regel einige nützliche Tricks. Zumindest fast alle von ihnen.
Während Briant von der Hecke herunterhüpfte, schwang sich Lana wieder in den Sattel ihrer aufgeregten Stute. Während Wirrander nur mit den Ohren spielte und die beiden Hunde auf der anderen Seite misstrauisch beäugte, hatte Lana viel mehr Probleme mit Ashalia. Die Stute hatte genug von den Mätzchen ihrer Reiterin und zeigte ihr deutlich, was sie davon hielt, dass Lana die schlafenden Hunde weckte – nämlich nichts.
Buckelnd schoss die Stute los und brachte ihren Reiter fast in der Hecke zu Fall. Safar und Wirrander folgten in sicherem Abstand, während die Hunde sie noch eine Weile im Auge behielten. Doch schließlich waren sich die Hunde sicher, dass von diesem Menschen keine Gefahr ausging, und verschwanden wieder in Richtung des Hauses. Und auch Lana konnte Ashalia endlich beruhigen und grinste Safar vom Sattel aus an. „Musste das wirklich sein?“, fragte dieser, sichtlich besorgt. „Ich verspreche dir, das war es wert. Das Haus ist wirklich fantastisch. Es sieht so wahnsinnig schön aus! Wie gerne würde ich einen Blick hineinwerfen.“ Ashalia schnaubte und schüttelte sich, und Safar nickte. „Ich bin der gleichen Meinung wie Ashalia. Wenn du das möchtest, kannst du das nächste Mal klingeln und fragen. Ich warte derweil draußen bei den Pferden.“
Und da haben wir das nächste Tunierbild, wieder eine Turnierreihe, wie man sie schon aus der Rubrik „Shadows of the Past“ kennt. Ein Teamevent bei dem diesmal Codo und Sophie gemeinsam für ein Team starten.
Codo sah zum Himmel und grummelte. War ja klar. Genau dann, wenn er endlich sein Debüt auf der Internationalen Bühne gab, musste es natürlich regnen. Sophie lachte herzhaft, als sie Codos grummeliges Gesicht sah. “Ach komm schon. Sooo schlimm siehst du in pink nun auch wieder nicht aus.” Codo sah auf den Ärmel seiner Jacke. Na toll, das auch noch. Musste er auch noch in einem Licht springen, in dem die Jacke das rot vermissen ließ und stattdessen pink leuchtete. Nicht dass er etwas gegen Pink ansich hatte – doch ihm und seinem Hautton stand es nicht, wie er in früheren Jahren dank seiner Tochter mehrfach herausfinden hatte dürfen. Er blickte nochmal gen Himmel und seufzte. Zeit war es. Aufgewärmt war Kold nun zur Genüge, außerdem würde er jetzt dann gleich drankommen.
Während der Hengst unter ihm gewohnt selbstsicher zum Turnierplatz ging, sank Codo etwas in sich zusammen. Ja, er hatte auf diesen Augenblick hingearbeitet. Aber jetzt wo er da war… “Sag mal, hast du etwa Lampenfieber?” Sophie, die neben ihm ritt, denn sie war kurz nach ihrem Teamkameraden dran, staunte nicht schlecht. Das hatte sie bei Codo ja schon lange nicht mehr gesehen! Codo zierte sich erst ein bisschen, eher er mit der Sprache rausrückte. “Na ja, hier gehts ja nicht nur um meinen eigenen Erfolg, sondern um ein Team! Natürlich bin ich da nervös!” Sophie lachte herzhaft “Ach, glaub mir, nach ein oder zwei Durchläufen gibt sich das auch wieder.” “Das sagt die, die immer noch Albträume hat.” Codo hob die Augenbraue und sah seine Freundin und Teamkameradin durchdringend an. “Das ist was komplett anderes. Ich hab Albträume weil mir mein Kopf immer noch einredet, ich hätte einen Reiter und sein Pferd verflucht! Nicht weil ich Angst hab keine gute Teamleistung zu erbringen.” Sophie grinste Codo an. “Ich versprech dir, wenn du nicht versuchst perfekt zu sein, sondern deinen Spaß zu haben, dann wird das schon. Nur nicht verkopfen. Du musst hier nicht Campion werden, das erwartet keiner von dir. Nur dass du dein Bestes gibst.” Die Worte nahmen ihm tatsächlich die Angst. Und Sophie wusste, wovon sie sprach, denn immerhin hatte sie 2 Jahre lang in der HCL nicht wirklich was geschafft. Ob sie einfach irgendwann resigniert und aufgegeben hatte oder ob es ihr einfach irgendwann egal gewesen war auf den letzten Plätzen rumzuhüpfen, das war ihr gut gehütetes Geheimnis. Aber Spaß hatte sie eigentlich fast immer gehabt. Codo sah ein letztes Mal in den Himmel. “Das wird nicht besser, oder?” Sophie schmunzelte. “Damit musst du wohl leben.” Codo schüttelte nur den Kopf und gab seinem Hengst das Zeichen auf den Platz zu reiten. Jetzt war es an der Zeit zu zeigen, was die Reiter von Team Apple draufhatten.
Im Gegensatz zu Codo war Sophie nicht im geringsten aufgeregt. Zum einen hatte sie schon wesentlich mehr Turniererfahrung gesammelt als ihr Kamerad, zum anderen überwog die Vorfreude jegliche Bedenken. Sie war einfach nur glücklich, dass sie nicht nur wieder im Team reiten durfte, sondern dass sie auch im selben Team war, wie ihr Kumpel.
Und heute war sie außerdem happy, dass sie nicht in dem selben roten Licht reiten musste, dass schon Codos Jacke zuvor in diesem fürchterlichen rosa gefärbt hatte! Das hätte sie ihre Zwillingsschwester nicht vergessen lassen, niemals! Nein, auf diese Witze konnte sie wirklich gut verzichten. Genauso wie auf den Regen, der mit jeder Sekunde immer stärker zu werden schien und sie jetzt schon zu durchweichen schien – und dass wo sie immer noch einige Minuten bis zum Start hatte. Da half auch der Regenschirm nichts, den ihr die Security freundlicherweise geliehen hatte – auch wenn er schön groß war, der Regen schien von allen Seiten zu kommen. Sie grummelte. Wie sie es hasste im Regen zu reiten und dann auch noch… Sophie schüttelte den Kopf. Zeit die Altlasten hinter sich zu lassen. Das hier war nicht London, das war Clifden. Clifden in Irland. Und es war auch nicht die HCL sondern die European Masters. Zeit für einen Neustart!
“Du denkst immer noch an London?” kam es von unten und sie sah den jungen Mann an, der sie spitzbübisch angringste. Rhodry hatte sie damals in London schon davon abgehalten einfach so nach dem Unfall auf den Platz zu reiten. Sophie rang einen Moment mit sich selbst, dann grinste sie zurück. “Neues Pferd, neues Turnier, neues Glück!” “Heißt, ich muss nicht auf dich aufpassen?” Sophie verdrehte die Augen. “Nein, nen Babysitter brauch ich definitiv nicht, DANKE.” “Ach komm schon, sei nicht gleich beleidigt. Ich wollte dich nur aufheitern.” Rhodry schien etwas beleidigt, doch Sophie kannte ihn inzwischen zu gut um nicht zu wissen, dass er das nur spielte. “Ich brauch definitiv keine Aufheiterung. Die hättest du lieber Codo angedeihen lassen sollen!” Nun war es an Rhodry die Augen zu verdrehen. “Als wenn der ddas zugelassen hätte. Du kennst doch den Boss. Mr. Perfect.” die beiden sahen sich an und brachen in Gelächter aus. So sehr sich Codo auch anstrengte den Anschein der Perfektion zu wahren, so selten gelang es ihm auch. Allerdings ließen sie ihn gerne in seinem glauben, denn das sorgte bei Codo meist zu guter Laune. Rhodry klopfte Heroes sachte auf den Hals. “Sei ein gutes Mädchen und bring Sophie heile durch den Parcour, ja?” Danach schnappte er sich den Schirm. “Auf gehts, der Platz wartet auf seine verwegene Heldin!” Sophie verzog das Gesicht. “Muss das denn wirklich sein?” Rhodry zuckte mit den Schultern. “Entweder du kämpfst dich durch den Regen, oder ich bastle dir ne Mitleidsschleife. Deine Entscheidung.”
Natürlich hätte Kiki auch einfach nur als Zuschauerin nach Clifden fahren und ihrem Vater mit “hilfreichen Tipps” auf die Nerven gehen können, abber das kam nicht in Frage. Ein brandneues Turnier! und sie hatte die Möglichkeit schon gleich in der ersten Runde anzutreten – die Gelegenheit konnte sie doch nicht ungenutzt lassen! Kiki wäre nicht Kiki hätte sie nicht ihren heiß geliebten Wallach Brennir eingepackt und ihn mit nach Clifden auf die European Masters genommen.
Da standen sie nun und beäugten beide kritisch den Himmel. Schien nicht so als würde ihnen das Wetter den gefallen tun und den leichten Nieselregen einstellen. Nicht genug Regen um richtig nass zu werden, aber doch genug, um einem auf die Nerven zu gehen. Brennir streckte den Kof aus der Stalltür und schüttelte sich. “Hilft nichts, mein Hübscher, wir müssen da jetzt raus und uns aufwärmen.” Der Wallach schnaubte und trat unwillig neben seiner Reiterin nach draußen. Kiki ließ sich davon nicht beeindrucken. Wenn es nach Brennir gegangen wäre, hätte der sein Leben auf der Wiese genossen und sich als Rasenmäher betätigt. Blöd dass Kiki andere Pläne mit ihm hatte und ihn nicht nur regelmäßig zum Training von der Wiese holte, sondern ihn auch ab und an zu einem Turnier mitnahm. so eben auch heute. Niht nur, dass Kiki gestern zu Pferd die Gegend erkundet hatte, heute würde sich Brennir auch noch präsentieren müssen. nur gut dass er so ein Faulpelz war, sonst hätte er seiner Reiterin schon längst mal gezeigt, dass so ein Pony mehr Kraft hatte als ein Mensch.
Kiki grinste und kraulte dem missmutigen Pony die Stirn, bevor sie sich in den Sattel schwang. “Ich weiß, ich weiß, das ist so gar nicht deins. Aber denk doch mal an die Leckerchen, die du kriegst wenn du jetzt mit machst!” Leckereien, dafür war Brennir zu haben. Brav setzte er einen Fuß vor den anderen und hörte genau auf das, was seine Reiterin von ihm verlangte. Für Leckereien tat das gefräßige Pony fast alles.
So auch brav aufwärmen und dann zum großen Platz laufen. Einmal kurz umgeguckt – nein, da war grad nix spannednes zu essen. Schade. Hätte ja sein können. Brennir schnaubte kurz bedauernd und richtete seinen Focus auf den großen Platz vor ihm. Da, die Klingel! Er spannte die Muskeln an und trabte mit seiner Reiterin zur Mittellinie. Kurz stehenbleiben, abwarten bis seine Reiterin damit fertig war die Richter zu grüßen und dann ging es los. Jetzt musste er sich anstrengen, denn je mehr er sich anstrengte, desto mehr Leckereien gab es hinterher.
Codo und Nestle in der spannenden Welt der Nordanner mit guten Freunden auf Erkundungstour.
Luna Pendragon und Fireheart gehören meiner guten Freundin Julsquick
Und hier haben sich Kiki und Sams kleiner Bruder Robin als Drachenkämpfer aufgeschwungen und sind in die Welt der Nordanner gereist um dort sich dem Feuer und den mächtigen Krallen der Drachen zu stellen.
Und weil ich ab unan die Extraarbeit auch nicht scheue, gibt es für die nächste Runder der European Masters noch ein kleines Extrabild – in Zusammenarbeit mit Julsquick.
Unsere beiden Reiter freuen sich über einen Ausritt in Galdhoppingen.
Nachdem es für Kiki in Clifden so gut gelaufen war, gab es nun auch für die Ponybande des Hofs kein Halten mehr. Unter dem Vorwand dass auch die Shettys ein paar Schleifen verdient hatten wurde fleißig trainiert, jeder so wie er oder sie es für richtig hielt. Da wurde gesprungen, die Mähne eingeflochten und fleißig von den Großen Tipps für den korrekten Sitz eingeholt. Keiner wollte es zugeben, aber die Kiddies waren zu niedlich in ihren Bemühungen sich auf die Ponyklasse der European Masters vorzubereiten.
Interessanterweise gab es auch überhaupt gar keinen Streit um die Ponys. Baldur war aus der Verteilung eh raus, mit seinem eigenen Pony. Und die anderen hatten sich innerhalb einer Stunde darauf geeinigt, wer welches Pony kriegen würde. Melina und Briar hatten sich die beiden Fjordpferde geschnappt, da sie der Meinung waren, die größeren Ponys würden eleganter in der Dressur aussehen. Enbi, Damian und Elina waren wild darauf sich im Springen zu beweisen und so hatten sie sich die Shettys geschnappt die ihnen auch den Gefallen taten, brav über die Hindernisse zu hüpfen, zumindest wenn die Kinder überzeugend genug waren. Mit steigender Erfahrung ihrer Reiter im Sattel begannen die Ponies auch mehr zu testen wie weit sie bei ihren jungen Reitern gehen konnten. Die drei selbsternannten Springreiter sahen oft mit ein wenig Neid hinüber zu den beiden Dressurreitern, die sich offensichtlich super brave Ponys ausgesucht hatten.
Doch die Freude währte nur bis zum Turnierwochenende in Galdhoppingen. Dort zeigten auch die Fjordpferde, dass man sie nicht einfach so unbeaufsichtigt in der Gegend stehen lassen konnte, so wie sich das Briar dachte, als sie, begeistert von all dem Trouble um sie herum, einfach mal den Führstrick losließ. Was sollte denn auch schon groß passieren? Raptor war immerhin darauf trainiert stehen zu bleiben! Zwar hatte Briar sich nie darum gekümmert wie genau das zu Stande gekommen war, aber Raptor war ein schlaues Pony. Der würde schon wissen, was sie meinte. Melina starrte ihre Freundin ungläubig an und konnte nicht fassen, was diese da tat. „Sag mal, geht’s dir zu gut? Du kannst Raptor doch nicht einfach so unbeaufsichtigt in der Gegend rumstehen lassen!“ Briar verdrehte die Augen. „Der bleibt doch von alleine stehen. Aber wenn du Angst hast, kannst du ja auf ihn aufpassen. Ich bin gleich wieder da!“ Und so stand Melina nun mit zwei Ponys da, eigentlich noch nicht mal alt und groß genug um auf ein Fjordpferd aufzupassen. Was Briar offensichtlich egal gewesen war, wie Enbi belustigt bemerkte als das Kind an die Freundin mit den beiden Pferden in den Händen herantrat. Melina beschloss sich keine Blöße zu geben und schnaubte verächtlich. „Als wenn ich nicht zwei Pferde gleichzeitig halten könnte!“ Ein listiges Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. „Außerdem sind da drüben meine Eltern. Wenn sie sehen wie verantwortungsvoll ich bin, dann steht dem eigenen Pferd nichts mehr im Weg!“ Melina lag ihren Eltern schon seit langem in den Ohren dass sie gerne ein eigenes Pferd haben wollen würde und ein paar Tage zuvor hatte sie die beiden dabei belauscht, als sie überlegten was für ein Pony sich für ihre Tochter eignen würde. Enbi grinste. „Dann würde ich aber zusehen dass du auch beide Pferde bei dir behältst!“ Melina sah sich verwirrt um und bemerkte, dass sich Tomcat klammheimlich verabschiedet hatte, einem anderen Reiter hinterher, der gerade einen Apfel aß.
Das Pony schien sich zu fragen, ob der Reiter wohl mit ihm teilen würde als Melina zum Spurt ansetzte und ihr abhanden gekommenes Pony wieder einfing. Wie hatte das nur passieren können? Gemeinsam mit ihrem Freund zusammen nahm sie den Führstrick unter die Lupe, der in der Mitte einfach auseinander gegangen war. Enbi betrachtete die Enden und hob eine Augenbraue. „Ich würde fast vermuten den hat sich einer der Hofhunde geschnappt und damit ein bisschen gespielt!“ Melina versuchte sich zu beruhigen. „Und was jetzt?“ fragte sie mit kläglicher Stimme. Da kam auch schon Briar zurück. „Was ist denn hier los?“ fragte sie verwundert und auch Damian, Elina und Baldur gesellten sich zu der Truppe. Melina war inzwischen den Tränen nahe. Nicht nur, dass sie jetzt keinen Führstrick mehr hatte – was würden ihre Eltern wohl davon denken?! Auch konnte sie jetzt Tomcat nicht mehr zum einflechten anbinden. Dabei war das doch eh schon so schwer! Und sie hatte doch so viel geübt dass sie es alleine hinbekam!
Baldur klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter. „Wir haben genug Führstricke übrig. Die von den Shettys brauchen wir heute gar nicht, da kannst du ja dann einen nehmen.“ Melina schluckte. „Und wie erklär ich das den Erwachsenen?“ „Du zeigst denen nur den Strick, die werden das dann schon verstehen. Sieht doch jeder, dass du den Strick nicht kaputt gemacht hast!“ tröstete auch Damian. Melina nickte betrübt und gab Briar ihr Pony zurück. Sowas ärgerliches! Dabei hatte es am Vortag beim Springen mit den Shettys doch so schön angefangen!
Während die Kinder zurück zum Stallzelt gingen, erinnerten sie sich an den Samstag zurück.
Aufgewacht waren sie in dem riesigen Wohnwagen in dem sie hatten übernachten dürfen. Ein umgebauter LKW, explizit auf Luxus ausgelegt.
Da Galdhoppingen keine nennenswerten Hotels in unmittelbarer Umgebung hatte, hatten die Kinder ihre Eltern darum gebeten im LKW schlafen zu dürfen. Denn man konnte die Ponies doch nicht alleine lassen! Liebenswerter Weise hatte Safar sich bereit erklärt, auf die Rasselbande aufzupassen, da sonst keiner vom Hof dort übernachten wollte. Safar war es egal gewesen, solange er seinen Laptop mitnehmen und arbeiten und spielen konnte.
Natürlich waren die Kleinen viel eher aufgewacht als der Techniknerd, der sich mal wieder die halbe Nacht um die Ohren geschlagen hatte. Leise waren sie aus dem LKW gehüpft und hatten zuallererst den Ponies einen Besuch abgestattet, geschaut, wie es den Tieren nach der Nacht in einem fremden Stall ging. „Ist ja langweilig!“ stellte Damian enttäuscht fest. „Die benehmen sich ja auch nicht anders als zu Hause!“ irgendwie hatte er sich Turniere ein kleines bisschen spannender vorgestellt. Doch die Spannung ließ nicht lange auf sich warten. Der Security, an dem sie sich so kunstvoll vorbeigeschlichen hatten, hatte Damian gehört. „Was macht ihr denn hier?!“
Natürlich hätten die Kinder auch einfach erklären können dass sie nach ihren Ponys hatten sehen wollen, aber an diesem Morgen saß ihnen der Schalk im Nacken. Glitzern in den Augen, ein kurzer Blickwechsel und schon stürmten die sechs los.
Noch ehe der Security sich versah, waren die Grundschüler an ihm vorbeigestürmt und er hatte keinen von ihnen zu fassen bekommen. Auf Kinder dieser Größe schien er zu dieser Uhrzeit nicht vorbereitet gewesen zu sein.
Lachend und prustend kamen die Kinder nicht weit vom Stall zu stehen. Sie hatten zwar keinen neuen Freund gewonnen, dafür aber eine Menge Spaß gehabt, zumindest kurzzeitig.
Auf der Suche nach mehr Blödsinn fanden sie Safar schlafend vor und Damian erinnerte sich daran am Vortag einen Stift hatte herumliegen sehen. „Wer schläft statt aufzupassen, der hat es nicht anders verdient!“ befand Elina und so wurde Safar kurzerhand zur Leinwand. Nicht lange später zierten Marienkäfer, vierblättrige Kleeblätter und Hufeisen sein Gesicht.
Der Duft von frischen Brötchen und Kaffee waberte durchs offene Fenster herein und sorgte dafür dass die Bande hungrig wurde. Zum Glück hatte der Wohnwagen einen kleinen Aufbackofen und im Gefrierfach fanden sich Aufbacksemmeln, die Enbi den Freunden zubereitete. Das Kind hatte sich beachtliche Fähigkeiten angeeignet, wenn es ums campen ging und versuchte gerade seine Freunde einmal mehr zu überzeugen zu ihm in den Pfadfinderclub zu kommen, als Safars Ablösung eintraf. Codo und Sophie wollten als Mitglieder von Team Apple sowieso den ganzen Tag vor Ort sein, da konnten sie auch ein Auge auf die Kleinen haben, die gerade heftig debattierend am Tisch saßen und die Erwachsenen sehr erstaunten. Während sich Codo nicht sicher war was er von der Selbstständigkeit halten sollte, war Sophie hellauf begeistert. „Weniger Arbeit für uns!“ und auch Safars Bemalung erheiterte sie. „Ist ja nicht so, als hätte Lana ihn nicht explizit gewarnt, dass er früh aufstehen muss.“ Codo schüttelte den Kopf ubd seufzte nur. Er war wirklich froh, dass er nicht an der Stelle seines Erstgeborenen war.
Nach dem ausgiebigen Frühstück hatten die Kinder noch genug Zeit die Springkünste der großen Pferde zu bewundern und sich das ein oder andere abzuschauen, ehe sie sich daran machen mussten, die Shettys vorzubereiten.
Für die Kinder war es selbstverständlich dass sie einander halfen und so wurde jedes Shetty gleich von zwei Kindern geputzt und verwöhnt. Das einflechten sparten sie sich zwar, da dies für das Springen ja nicht unbedingt notwendig war, aber zumindest glänzten die Ponys nach der Putzaktion in der Sonne.
Und dann war es auch schon Zeit sich zum Turnierplatz zu begeben. Natürlich war der Parcours gerade für die kleinen Ponys nicht so weitläufig und so sah es schon sehr niedlich aus wie die Hindernisse sich auf dem großen Platz aneinander schmiegten wie eine Herde verkuschelter Ponies.
Die Kleinen indes störte das nicht, die freuten sich einfach auch auf so einem schmucken, großen Platz reiten zu dürfen.
Zuerst startete Enbi mit Muriel, welche dem Kind einiges an Durchsetzungsvermögen abverlangte und zweimal beinahe verweigert hätte. Muriel war kein einfaches Pony, wer sie durch den Parcour bekam, der wusste ganz genau, dass er super Arbeit geleistet hatte.
Ganz im Gegensatz zu Isidor, der brav wie immer Elina durch den Parcours trug und dafür sorgte, dass sie aus jedem Winkel betrachtet eine gute Figur machte. Ein wenig neidisch war Enbi schon, denn mit Isidor konnte jeder glänzen.
Damian hingegen hatte keine Zeit dazu, neidisch zu sein. Centa hatte den weichen Sand für sich entdeckt und entschieden, dass es wohl spaßiger sein würde, sich dort zu wälzen, als brav darauf zu warten, dass sie gemeinsam mit ihrem Reiter über die Hindernisse hüpfen durfte. Damian war zwar schlau gewesen und hatte viele Karottenstücke, Centas Lieblingsleckerei, eingepackt, aber jetzt, nur wenige Minuten vor seinem Start waren sie ihm ausgegangen und Centa merkte das natürlich sofort. Immer wieder scharrte sie mit dem Fuß auf dem Boden und wollte schon mit den Vorderbeinen einknicken. Damian war unermüdlich dabei, das Pony anzutreiben. Die Aufwärmrunde mit seinen Freunden hätte er sich wirklich sparen können. Da, das Zeichen zum einreiten!
Damian grüßte die Richter hastig, bevor er Centa wieder antrieb und sich vorkam als müsste er die Stute über die Hindernisse tragen. Die war viel mehr an allem anderen interessiert als am Springen. Den ersten Platz würde er so ganz gewiss nicht machen!
Schließlich hatte jedoch auch Damian seine Runde absolviert und mit hochrotem Kopf ritt er vom Platz. Und wurde von seinen Freunden jubelnd begrüßt. Sie alle wussten wie schwierig es sein konnte, Centa durch einen Parcours zu bringen.
Zum Abschluss des Tages gönnten die Kinder sich noch eine Ausritt in Begleitung Safars, der den Kindern nicht wirklich böse sein konnte, auch wenn sie ihn am Morgen angemalt hatten. Er war ja auch selber Schuld gewesen, so lange auf zu bleiben und dann zu lange zu schlafen.
Grinsend dachte die Bande zurück an das Fluchen dass sie gehört hatten als Safar ihre Kunstwerke im Spiegel begutachtet hatte, dann kehrten sie zurück zum aktuellen Geschehen. Es galt die Ponys fertig zu machen!
Wie am Tag zuvor halfen sie sich und so war auch der kaputte Führstrick schnell in den Hintergrund gerückt.
Die beiden Fjordpferde hatten extra eine längere Mähne bekommen, dass die Mädchen sie gut einflechten konnten. Zwar stand die Mähne immer noch etwas, aber sie begann schon zu kippen und Briar und Melina taten sich leicht einen durchgängigen Zopf zu flechten.
Baldur hatte es mit seinem Pony am leichtesten und war auch am schnellsten fertig, die Mähne hübsch zu der typischen Warmblutfrisur geflochten, warteten er und sein Pony fast schon ungeduldig auf die anderen. Selbst für ihn, dessen Mutter einen eigenen Turnierstall hatte, war es das erste Mal dass er alleine in einer Dressurklasse antrat und er war schon unglaublich aufgeregt.
Als die Kinder fertig waren, präsentierten sie sich nochmal dem prüfenden Blick Codos. Auch gestern hatte er schon einen prüfenden Blick auf die Kinder geworfen, da jedoch nur ob die Jacken, die Gina extra für den Ponyclub genäht hatte, auch sauber waren und ob die Kinder allgemein ein gutes Erscheinungsbild abgaben. Aber mit den Shettys hatten sie sowieso den Niedlichkeitsfaktor auf ihrer Seite gehabt.
Ganz anders Baldur, Melina und Briar, die alle drei große Ponys ritten und nicht darauf hoffen konnten dass die Richter über Fehler großzügig hinweg sehen würden. Prüfend schritt er um die drei herum, klopfte hier und da noch ein paar Fussel und Strohhalme aus den Jacken. Dann kamen die Ponys dran. Genauestens auf Sauberkeit überprüft machten sie einen guten Eindruck, wie sie da standen, mit Satteldecken, die zu den Turnierjacken der Kinder passten.
Die Kleinen hatten sich mit Hilfe der älteren gemeinsam ein Logo und einen passenden Spruch überlegt und das sowohl auf die Turnierjacken, als auch auf die Satteldecken sticken lassen um damit den Erwachsenen und den Teams der European Masters bestmöglichst nachzueifern. Auch Zaum und Sattel wurden akribisch überprüft, gut dass die Kinder alles noch am Vorabend geputzt hatten! Genauso wie die Stiefel, die glänzten.
Codo war sehr zufrieden und nickte wohlwollend. Auch für die Kleinsten galt – wer im Namen des Mühlenhofes ritt, der hatte im Sattel entsprechend auszusehen!
Briar und Baldur kannten die Prozedur schon und verdrehten die Augen. Ungeduldig zählten sie die Sekunden bis sie endlich im Sattel sitzen konnten und die Ponys aufwärmen. Melina folgte ihren Freunden etwas kleinlaut. Sie war diese Strenge nicht gewöhnt und schon gar nicht von den Erwachsenen vom Mühlenhof. Doch es spornte sie erst Recht an ihr bestes zu geben.
Doch zuerst war Baldur dran. Wie zu erwarten war, hatte sich sein hartes Training wirklich ausgezahlt und er und sein Pony machten im Dressurviereck eine herausragende Figur.
Die beiden absolvierten ihren Ritt und ließen ihre Freunde neidisch aufseufzen. Da saß jede Hilfe, das Pony schritt gelassen durch den Sand und beugte den Hals wie ein großes Dressurwarmblut und Baldur saß ruhig und stabil im Sattel. „Einmal so reiten wie Baldur…“ seufzte Enbi neidisch und dachte an Centa, die nicht im geringsten so elegant aussah, egal wie sehr sie sich bemühte.
Die nächste war Briar, die sich sehr bemühte, Baldur nachzueifern, aber scheiterte. Zwar gaben sie und ihr Pony eine gute Figur ab, aber an Baldur kamen sie nicht heran. Viel zu unruhig der Sitz, viel zu schwungvoll der Gang Raptors, den Briar nicht wirklich sitzen konnte. Auch die Hände waren nicht ordentlich abgesenkt sondern wurden ein ums andre Mal dazu gebraucht, die Balance zu halten.
Codo schlug die Hände über dem Kopf zusammen und sah Lana hilfesuchend an. Die nickte. Ganz klar, wenn Briar nochmal in der Dressur antreten wollte, würden sie ihr ein anderes Pony geben. Vielleicht Gjafar wenn es unbedingt eines der großen sein musste.
Endlich war Briars Runde vorbei und mit Bangen sahen sie, wie Melina einritt.
Während Briar getröstet wurde, sah Melina aus dem Augenwinkel ihre Eltern sich zu den anderen gesellen. Sie waren tatsächlich gekommen! Jetzt galt es zu zeigen, was sie gelernt hatte. Sie richtete sich im Sattel auf und achtete genauestens darauf wie sich Tomcat präsentierte. Das Pony tat ihr den Gefallen und spielte mit. So fielen Briars Hoffnungen auf eine Platzierung mit jeder Sekunde, die sie ihre Freundin reiten sah.
Melina machte sich nicht ganz so gut wie Baldur, doch wenn jetzt nicht noch ein besserer Reiter antrat, dann war ihr eine Platzierung sicher.
Selbstzufrieden ritt sie vom Platz und lauschte wie ihr Vater sich von Codo und Lana beraten ließ, welche Ponyrasse wohl am geeignesten für die Turnierkarriere seiner Tochter sei.
Sie brachten die Ponys zurück in den Stall und Melina triumphierte innerlich. Endlich ein eigenes Pony!
„Du reibst uns jetzt aber nicht unter die Nase, dass du ein eigenes Pony bekommst?“ fragte Damian vorsichtig. „Nein. Aber es wäre schön wenn ihr euch mit mir freuen könntet.“ meinte Melina zufrieden. „Freuen? Wir schmeißen eine Willkommensparty für dein Pony!“ rief Elina begeistert, als sie Briar half, Tomcat abzusatteln. „Ich wünschte, ich bekäme auch ein eigenes Pony…“ kam es von Damian, der an einer der Boxen lehnte und Baldur half, die Trense zu sortieren. „Wenn ihr jetzt alle eigene Ponys bekommt, wer reitet dann meine und stellt sie auf Turnieren vor?“ fragte Codo, der den Stall betrat und den Kindern eigentlich hatte gratulieren wollen. „Also du schonmal nicht. Du bist zu groß.“ stellte Briar trocken fest. „Was erhofft ihr euch denn von einem eigenen Pony?“ fragte Codo in die Runde und die Augen der Kinder wurden groß. „Dass es leichter zu reiten ist!“ meinte Damian. „Es ist meins. Ich muss nicht erst fragen wenn ich etwas mit ihm machen will.“ kam es von Enbi. „Ich muss keine Angst haben dass ich dafür zu groß werde!“ sagte Elina, die traurig daran dachte dass sie noch wuchs und Isidor nicht für immer reiten würde können. „Und ich muss keine Angst haben dass es mir jemand wegnehmen könnte.“ fügte Briar hinzu. „Denn dann ist es meins und keiner kann kommen und sagen: Aber ich reite das Pony jetzt!“ Codo runzelte die Stirn. Das klang weniger nach einer rosaroten kindlichen Welt, sondern eher nach einer sehr erwachsenen Sichtweise. Er verschränkte die Arme und betrachtete die Kinder wie sie vor ihm standen. „Ich kann eure Argumente sehr gut nachvollziehen.“ meinte er und biss sich auf die Lippe. „Und in Anbetracht dessen, dass jetzt dann auch Melina, Damian und Enbi zu uns auf die Schule wechseln und selbstverständlich auch reiten als Schulfach haben wollen, müssen wir uns jetzt endlich mal festlegen.“ führte Briar an. „Melina und Baldur fallen raus, die kriegen ja jetzt eigene Ponys, aber wir anderen können nicht einfach mit Shettys beim Reitunterricht auftauchen. Wie sieht denn das aus? Die gesamte Klasse hat Ponys von mindestens einem Meter vierzig Widerristhöhe und dann kommen wir mit unsren laufenden Metern dort an? Wir halten die anderen nur auf. Außerdem brauchen wir Ponys die uns zur Verfügung stehen wenn das Ponycamp läuft. Nicht dass wir Reitunterricht haben und dann sind die Ponys plötzlich auf einem Ausritt oder so.“ Codo verfluchte in Gedanken einmal mehr das deutsche Schulsystem und dass jedes der sechzehn Bundesländer versetzt Ferien hatte. Und nicht zu vergessen die anderen Länder aus denen regelmäßig auch Kinder kamen… Eigentlich war es ja schon schön, denn gerade im Sommer oder Winter, wenn das Feriencamp international war, bot es allen Kindern die Möglichkeit englisch nicht nur theoretisch zu lernen, sondern auch das sprechen zu üben.
Allerdings war es eine Meisterleistung die Kinder zeittechnisch alle unter zu bringen. So verstand er die Sorge der Kinder natürlich, dass in den Ferienzeiten eventuell die Ponys belegt sein würden.
„Dann bleibt nichts anderes übrig als mit euren Eltern zu reden und euch entweder eigene Sportponys zu geben, oder aber euch feste Ponys zuzuweisen. Immerhin sollt ihr ja in der Schule keine schlechten Noten bekommen!“ er hatte schon mitbekommen, dass die Schule stark auf den Wettkampfbereich ausgelegt war und von ihren Schülern einiges forderte. Pro Sportart waren zwei Trainingstage in der Woche absolutes minimum. Gut, der Unterricht bestand auch zum Teil aus der Sportart die man gewählt hatte und war ganz normal in den Schulalltag eingebunden. Aber es war trotzdem eine ganz schöne Belastung für die Kinder, die oftmals erst am späten Nachmittag aus der Schule zurückkehrten.
Er hob mahnend den Zeigefinger als die Kinder schon zum jubeln ansetzten. „Aber unter einer Bedingung! Solange ihr noch klein genug seid, sie zu reiten, stellt ihr die Shettys regelmäßig auf Turnieren vor. Und zwar ihr alle!“ Brav nickten die Kinder. „Ist doch Ehrensache!“ meinten sie einstimmig.
Codo sonnte sich in Gedanken im Glück des vergangenen Events. Gleich vier Platzierungen hatten sie mit nach Hause nehmen können, darunter auch zwei erste Plätze. Ob es dieses Mal genauso gut laufen würde, war fraglich.
Wenngleich er generell so ziemlich im Glück schwamm, so gab es einfach Reiter die besser waren als er und er sah auch ein, dass er sich wahrscheinlich sehr anstrengen musste um wieder platziert zu werden. Er sah zu Sophie hinüber, die, ein Liedchen summend, Heroes putzte.
Er hoffte sehr, dass es ihm gelingen würde, Freundschaften zu schließen. Sophie hatte das Glück gleich wieder Anschluss gefunden zu haben. Was aber bei jemandem mit ihrem aufgeschlossenen Wesen kein Wunder war.
Er kehrte mit den Gedanken zurück zu seinem Pferd das ihn gleich durch den Parcours tragen würde und bewunderte den Hengst.
Der kam mit sich selber bestens zurecht. Nicht umsonst wurde er auch liebevoll „Eisprinzessin“ genannt. Der Hengst brauchte niemand um glücklich zu sein.
Sophie lugte durch die Gitterstäbe. „Du fühlst dich allein und willst auch Freundschaften haben, fröhlich plaudernd hier durch die Gegend spazieren und einfach so richtig in den European Masters ankommen.“ stellte sie fest und Codo sah sie fragend an. „Man sieht es dir meilenweit an.“ stellte Sophie fest. „So schlimm stehts also schon um mich?“ murmelte Codo und lehnte sich gegen sein Pferd, Sophie genau beobachtend und prüfend, ob sie sich nicht vielleicht einen Scherz mit ihm erlaubte. „Warum eigentlich? Was versprichst du dir davon?“ „Weil andere das auch haben! Und es sieht aus als hätten sie Spaß. Freunde, die auf dem selben Turnier sind, Partnerställe die man immer wieder trifft, vielleicht mal eine Einladung zu einer Feier die ein befreundeter Stall veranstaltet,… Ich will das auch!“ Sophie lächelte. Sie konnte Codo so gut verstehen. Zwar hatten sie ein paar Partnerställe mit denen sie gut befreundet waren, allerdings passierte dort aktuell nicht mehr sonderlich viel. Das war früher anders gewesen und auch sie wünschte sich manchmal die alten Zeiten zurück. Doch die würden nicht wieder kommen und Codo hatte durchaus Recht, auch wenn die alten Freundschaften bestehen blieben, sich nach was neuem, frischen umzusehen. Etwas, das frischen Wind in den alten Trott brachte. Sie lächelte freundlich. „Das ist nichts, was du aktiv suchst. Das ist etwas, was einfach passiert. Du darfst es dir nicht zu sehr wünschen, sonst strahlst du Verzweiflung aus und jeder hält sich von dir fern. Du musst geduldig sein, abwarten, und dann wird es zu dir kommen.“ Zweifelnd sah Codo Sophie an. „Probiers einfach mal aus. Wenn ich nicht richtig liege, kannst du ja immer noch eine andere Taktik anwenden.“ Da hatte sie natürlich durchaus Recht. Ausprobieren schadete nie. „Und jetzt sattel die Eisprinzessin. Sonst bist du nicht rechtzeitig fertig.“ wies Sophie ihn mit gespielter Strenge an, bevor sie sich wieder ihrem Pferd zuwandte. Codo murrte zwar, tat aber wie ihm geheißen. Gemeinsam brachen sie auf zum Aufwärmen doch schon nach kurzer Zeit hatte Codo sie aus den Augen verloren. Kein Wunder, sie startete vor ihm. Und so war er wieder allein mit seinen Gedanken, die er versuchte mit jedem Schritt seines Pferdes weiter zurück zu drängen. Denn diese Gedanken hatten keinen Platz im Parcours.
Als er dran war, hatte er es endlich geschafft, den Kopf frei zu kriegen. Einreiten, noch einen kleinen Kringel um ein Hindernis und dann waren sie an der Reihe. Die Glocke erklang und fegte auch die letzten Gedanken aus Codos Kopf. Auch die Außengeräusche waren verblasst, er hörte nur noch das dumpfe Geräusch der Hufe im Sand und das Schnauben seines Pferdes.
Galloppsprung… Gallopsprung… Absprung… Flugphase und… Landung.
Sehr schön! So konnte es weiter gehen.
Nachdem sie und Codo sich beim aufwärmen aus den Augen verloren hatten, schweiften Sophies Gedanken kurz ab zu den Ereignissen, die sich erst vor kurzem ereignet hatten.
Sie hatte eine wunderschöne Zeit gehabt. Hier plaudern, dort ein kleiner Ausritt, ihr Pferd kuscheln, darüber lachen was die Kleinen sich wieder ausdachten… Wenn ihr nicht so ein mulmiges Gefühl gefolgt wäre! Ständig hatte sie sich gefühlt, als würden Augen sie verfolgen. Ab und an hatte sie sich umgedreht, doch im Gewusel der Reiter, Pferde und Besucher hatte sie niemanden ausfindig machen können. Schließlich hatte sie sich keinen Rat mehr gewusst und Codo darauf angesprochen. Eigentlich eine schlechte Idee, denn der reagierte sehr empfindlich auf solche Sachen – doch sie fand, wenn da was im Gange war, musste er als Stallchef das wissen. Nicht dass da wer war, der ihr nach Hause folgen würde. Eine Stalkerin oder einen Stalker brauchte sie nicht in ihrem Leben.
Sobald Codo davon gehört hatte, war seine komplette Körperhaltung von unsicher und dezent überfordert mit dem Trouble um sich herum, zu Beschützerinstinkt gewechselt. Die Schultern hatten sich gestrafft, er hatte einen kurzen Blick in die Menge geworfen und er war ein Stück weiter an Sophie herangerückt. „Das mit dem Personen schützen hast du auch drauf.“ hatte die junge Frau belustigt festgestellt. „Erzählst du mir irgendwann, wie du zu der Fähigkeit gekommen bist?“ Ein Grinsen war über Codos Gesicht gehuscht. „Wenn du mir erzählst was du zu Schulzeiten alles getrieben hast?“ Sophie hatte genickt . „Abgemacht. Setzen wir uns demnächst einmal zusammen und tauschen Geschichten aus. Ich würde allerdings dazu raten die Kids außen vor zu lassen. Die kommen sonst nur auf dumme Ideen.“ Codo hatte ebenfalls genickt. „Entweder das, oder wir verbieten ihnen gleich von Anfang an auch nur irgendwas davon nachzumachen.“ Sophie hatte gerade etwas sagen wollen, als Codo die Hand gehoben hatte. „Verdächtige Person.“ hatte er geraunt und auch Sophie war ungewollt in den „Profi“ Modus verfallen. Schnell hatte sie sich mit Codo Rücken an Rücken aufgestellt, in Ermangelung von etwas anderem war der Schlüssel in ihre Hand gewandert, für den Fall, dass sie sich verteidigen musste. Geschickt hatte sie die einzelnen Schlüsselbärte zwischen den Fingern hindurchgeschoben. Würde es zu Handgreiflichkeiten kommen war so sicher gestellt, dass sie, sollte sie zuschlagen müssen, sich nicht die Fingerknochen brechen würde. Außerdem würden die Schlüssel, die jetzt wie Spikes aus der Hand heraus geragt hatten, die Schmerzen bei ihrem Angreifer noch erhöhen.
Die Augen waren umher gewandert und hatten nach potentiellen Gefährdungen gesucht.
„Woah!“ aus der Menge hatte sich ein junger Mann gelöst , der unverkennbar eine Tasche mit Photokamera, einen Block und einen Stift mit sich führte. Er hatte abwehrend die Hände gehoben. „Ich bin ja gewöhnt dass die Leute abweisend auf mich reagieren, aber dass man mir gleich so entgegen tritt, ist mir neu.“ Sophie hatte den jungen Mann gemustert. Offensichtlich war er ein Reporter. Sie erinnerte sich gelesen zu haben, dass die European Masters ein eigenes kleines Magazin hatte und konnte sich wieder entspannen.
„Hatte ich also Recht, euch entgeht so schnell nichts. Den anderen Reitern kann man leichter folgen um eventuelle Geschichten aufzuschnappen, bei euch beiden hat man früher oder später echt ein Problem.“
Auch Codo hatte sich wieder entspannt. Reporter! Das konnte zwar zu einer Gefahr werden, musste aber nicht, wenn man wusste, welche Information man heraus gab und welche besser nicht. Sophie hatte geschnaubt. „Eine einfache Interviewanfrage hätts auch getan.“ Der Reporter hatte gegrinst und war sich durch die pinken Haare gefahren. „Wäre aber nur halb so spannend gewesen. Außerdem erfährt man da nie das wirklich interessante Zeug.“ Codo hatte eine Augenbraue gehoben. „Und nach welcher großen, spannenden Story jagen sie bei uns?“ hatte er misstrauisch gefragt. Der Reporter hatte mit den Schultern gezuckt. „Eigentlich nach keiner großen. Das hier ist eher so ein…“ Ich mach meinen Job, bis ich das große Geheimnis gelüftet hab.“ Ding.“ Sophie hatte direkt angebissen. „Es gibt ein Geheimnis auf der EM?“ Der Reporter hatte genickt und seine Augen hatten zu glitzern begonnen. „Es geht mir darum heraus zu finden, wer hinter der European Masters steckt. Das Ganze läuft zwar über eine neu gegründete Firma, die explizit dafür gegründet wurde diese Turnierreihe auszurichten, doch wer hinter der Firma steckt ist nicht herauszufinden!“ Sophie und Codo hatten einander angesehen. Das klang spannend. „Ich fürchte nur, wir können da nicht sonderlich weiter helfen.“ hatte Sophie bedauernd bedauernd. „Aber ich halte mal Augen und Ohren offen. Wenn ich was herausfinde, werd ichs ihnen als ersten erzählen.“
Ihre Gedanken wanderten zurück in die Gegenwart und sie machte sich auf den Weg zum Parcours. Ihre Gedanken wanderten herum. Was war das nur für eine Firma die das hier aufzog und aber selber im Verborgenen blieb? Was wollten die Leite damit erreichen? Was für ein Geheimnis verbarg sich nur dahinter? Sie schüttelte den Kopf und ritt auf den Platz. Darum würde sie sich später kümmern müssen. Jetzt stand erstmal reiten auf dem Plan. Und zwar ordentlich, sodass ihr Team ordentlich Punkte für den Jahresabschluss einkassieren konnte!
„Ich traue dir nicht über den Weg.“ „Das ist aber schade. Dabei bin ich bin so vertrauenswürdig“
So traurig, dass Belenue Snake nicht vertraut. Armer Snake! Er will nur etwas über den Alterungstrank wissen und vielleicht sehen, wie er bei den Pferden wirkt! Nichts Gefährliches, nur reine Neugierde. Aber Belenue will ihm den Trank nicht geben…
Es ist mal wieder Pony-Zeit! Dieses Mal mit den Pony Stuten des Mühlenhofes und ihren Fohlen!
European Masters Time! Dieses Mal geht es an den Strand Fano in Dänemark!
Langsam wurde es dunkel und während Codo nur darauf wartete endlich in den Parcours und starten zu dürfen, schien sein Pferd eher gelangweilt. Nicht umsonst wurde der Hengst auch liebevoll Eisprinzessin genannt, dem schien nichts was aus zu machen. Das Tier stand einfach nur da und beobachtete das Pferd das vor ihm dran war genau – als wolle er sich den Parcours einprägen, während sein Reiter da oben im Sattel rumhampeln wie eine Dreijährige, die das erste Mal auf dem Pferd saß und nicht still sitzen konnte.
Endlich durften sei starten und Codo konnte sich entspannen, während sie auf das erste Hinderniss zugalloppierten – eine schöne bunte Mauer, gebaut aus Legosteinen. Und schon waren sie darüber geflofen als wäre es ein Mäuerchen und kein Sprunghindernis. Fast schon bedauerte Codo es während er direkt auf die Gnome zusteuerte, die der Hengst mit einem Schnauben quittierte und während des darüberspringens mit dem Hinterhuf versuchte einem der Gnome den Hut herunter zu treten. Offenbar mochte er die roten spitzen Hüte der Figuren nicht und es sah schon spektakulär aus, wie sich der Hengst in der Luft verreckte, um an die stabile Verzierung des Sprungs zu kommen – nur um mit lautem Klang den Huf gegen die stabile Verzierung zu hauen und danach zu landen, als wäre nichts gewesen.
Entrüstetes Schnauben begleitete die beiden in die Kurve, die sie geradewegs zu den Märchenhindernissen führte, die der Hengst einfach ignorierte und überstprang als wären sie Cavaletti. Das Hamlet Hindernis dagegen zerrte schon sehr am Nervenkostüm des sonst so uninteresseirten Pferdes – Menschliche Schädel konnte es offensichtlich nicht ausstehen und beinahe hätte der Hengst verweigert und wäre umgedreht – doch Codo war inzwischen ein viel zu guter Springreiter um das einfach durchgehen zu lassen. Eisern trieb er den Hengst vorwärts und schaffte es schließlich das Tier aus dem Stand über das Hindernis springen zu lassen. Jetzt nur schnell weg!
Das nächste Hindernis nahm Codo kaum wahr, so schnell bemühte sich der Hengst von dem gruseligen Schädeln wegzukommen – oh, das Geräusch erkannte der Reiter sofort. Da hatte der Huf eine Stange getroffen. War sie liegen geblieben? Codo fand keine Zeit sich umzudrehen und zu schauen, denn sein Pferd schoss schon auf das nächste Hindernis zu – Zeit den verängstigten Hengst ein wenig einzubremsen, sonst würde es noch ein Unglück geben, auch wenn das Tier groß war und ein gewaltiges Springvermögen hatte. Aber so Kopflos wie er gerade war würder er nicht aufpassen wohin er die Hufe setzte und beschwor damit schon beinahe ein Unglück herauf. Nein, das wollte Codo nicht riskieren, auf einen Sturz vom Pferd hatte er keine Lust. Also zügelte er sein Tier und bemühte sich ruhig und gesittet den nächsten Sprung zu meistern. Das würde ihn zwar einige Sekunden kosten, aber lieber den ersten Platz verpasst als mit geprellter Schulter nach Hause.
Und auch Kiki nimmt mal wieder an einem Turnier Teil – diesmal hat sie sich ein gut ausgebildetes Turnierpferd geliehen und kann sich ganz wie ein Profi fühlen…
Ein wenig merkwürdig war es schon gewesen, als ihr Vater ihr das Pferd an einem Knotenhalfter in die Hand gedrückt hatte. Nicht dass Kiki Knotenhalfter nicht kannte, mitnichten, aber sie hätte nicht erwartet dass sie jemals ein Pferd mit so wenig am Kopf reiten würde. Das waren ja nur dünne Stricke! Aber das Training mit Malbork hatte sie gelehrt, dass man keine Trense brauchte um gut zu reiten.
Eigentlich war es ja mehr Jux und Tollerei gewesen, als sie ihren Vater gebeten hatte, seine Kontakte zu fragen, ob sich Kiki mal einen hoch ausgebildeten Nordanner ausleihen konnte. Zwar hatte sie durchaus Spaß mit den eigenen Pferden dieser Rasse die sie am Hof hatten, aber einige Ausflüge in die Welt der Nordanner hatten ihr gezeigt, was die Pferde, die dort trainiert worden waren, wirklich drauf hatten. Und das war schon was ganz anderes als das, wozu die Nordanner ihres Vaters im Stande waren.
Und deswegen hatte ihr Vater vor zwei Wochen Malbork mitgebracht. Eigentlich eine recht kurze Zeit um das Pferd kennenzulernen und sich mit ihm anzufreunden. Seine schüchterne Art hatte es seiner Reiterin niocht gerade einfacher gemacht und so hatte Kiki Stunde um Stunde mit dem schüchternen Hengst verbracht. Nicht nur reiten hatte auf dem Plan gestanden, sondern auch spazieren gehen, ab und an ein paar Leckerlies und einfach nur bei ihm im Stall sitzen und lesen, mit den Freunden am Handy schreiben – sogar gelernt hatte sie im Stall. Viele haten das übertrieben gefunden, aber das war Kiki egal gewesen und Malbork ebenso – sie hatte das Gefühl er genoss es, dass sie langsam an die Sache heranging. s war jeden morgen früher aufgestanden um ihn persönlich zu füttern, die Haare zu entwirren und ihn ein wenig zu massieren – explizit nicht zu putzen, sondern mit einer für den Hengst angenehmen Bürste einfach mit ein wenig Druck über den Rücken und sämtliche Stellen an denen sie vermutete wo sich Pferde verspannen konnten zu bürsten. Und natürlich durfte der obligatorische Apfel nicht fehlen, bevor sie sich zur Schule verabschiedete. Der ruhige und stille Hengst hatte es ihr gedankt in dem er ihr immer hinterher gesehen und sie auch immer erwartet hatte, wenn sie von der Schule nach Hause gekommen war. Noch bevor sie das Haus überhaupt betreten hatte, hatte sie den Hengst mit freundlichen Worten und einer kleinen Streicheleinheit begrüßt – bevor sie schnell Bescheid gegeben hatte dass sie da war und erst einmal mit den Hengst für ein halbes Stündchen spazieren gegangen war. Malbok hatte diesen Spaziergang jeden Tag aufs Neue genossen. Ziellos waren sie durch die Gegend gewandert. Mal hier ein Maul voll Gras, mal dort ein Maul voll Gras und immer in Malborks eigenem Tempo. Allzuweit hatten sie sich nicht vom Hof entsfernt, aber das war auch gar nicht wichtig gewesen. Viel wichtiger war es seiner jungen Reiterin, dass das Tier sich bei ihr sicher fühlte und ihr Erfolg hatte ihr bewisen, dass sei mit der Taktik richtig gelegen war. Jeden Tag war Malbrok ein bisschen mehr aufgetaut und mit jedem Tag hatte Kiki sich sicherer auf seinem Rücken gefühlt. Auch wenn sie sich am Anfang unglaublich unwohl gefühlt hatte, mit nur dem Knotenhalfter um den Kopf des Pferdes, so erstaunt war sie, wie fein der Hengst auf die kleinste Bewegung von ihr reagierte – eigentlich hätte sie für ihn gar kein Halfter gebraucht. Malbrok war zwar schüchtern, doch auch sehr arbeitswillig und zeigte bei jeder Trainingseinheit dass er nicht nur mitarbeiten wollte, sondern dass er auch ganz genau wusste, dass da ein Reiter auf seinem Rücken saß. und dass er ihn nicht verlieren durfte. Egal ob nun in den Dressurübungen oder über den Sprüngen – Kiki hatte immer das Gefühl dass man von diesem Pferd überhaupt nicht runterfallen konnte. Manchmal hatte sei das Gefühl dass Melbork sich verbiegen konnte wie eine Katze und so dafür sorgte dass seine Reiterin zu einhundert Prozent auf seinem Rücken blieb.
Mit jeder Trainingsstunde den Kiki auf dem Rücken des Hengstes verbrachte, lernte sie, was es hieß auf einem feinen Pferd zu reiten – und wie angenehm es war wenn das Pferd mitdachte. Kein Lenken in die entsprechende Richtuing mehr, keine Auseinandersetzung ob nun vorwärts oder nicht – bei Melbrok reichte es einfach auf dem Rücken zu sitzen und mit den Beinen sanft vorszuschlagen was sie heute machen sollten und der Hengst übernahm den Rest der Arbeit, als schien er ihre Gedanken zu lesen. Ein ums andere Mal sah sie zu ihrem Pony hinüber, den sie über alles liebte, der aber nicht im geringsten so fein war wie der geliehene Melbork. Nach jeder Trainingsstunde mit dem Nordanner trainierte sie nicht nur ihr Pony, sondern auch noch ein paar andere Pferde auf dem Hof – und auch wenn es ihr Spaß machte gemeinsam mit ihren Freunden zu reiten, der Nordanner ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie würde sich bei Gelegenheit einmal damit auseinander setzen müssen wie sie zumindest die Pferde die sie regelmäßig ritt, genauso fein bekam wie den Nordanner.
Schwärmen band sie jedem den sie traf gerne auf die Nase was für eine tolle Beziehung sie mit dem hübschen Hengst hatte – und wie sehr sie es genoss einfach nur Zeit mit ihm zu verbringen.
Ihre Freunde witzelten schon, dass sie jetzt wohl ihr Pony gegen den hübschen Hengst austauschen würde – doch das fiel der jungen Reiterin nicht im Traum ein. Nicht nur dass sie sich sicher war, dass Melbork nicht zu verkaufen war, sondern sie würde auch ihr Pony niemals einfach so hergeben. Sie hatte sich den Wallach hart erarbeitet und hatte mit ihm so manchen harten Kampf gefochten – nein, dieses Pony würde auf dem Mühlenhof alt werden, dafür würde sei schon Sorgen!
Und dennoch stand sie jetzt mit Melbork anstatt mit Brennir hier am Fenlo Strand und wartete darauf, dass ihr Vater ihr in den Sattel half. ja, bestimmt hätte sie es auch alleine geschafft, aber sie wollte den Hengst nicht zu stark belasten und erbat sich deswegen beim Aufsteigen immer Hilfe. Das fand sie einfach schonender für den Pferderücken und auch Melbork sollte ja auf dem Turnier hier Spaß haben!
Ein Plan, der bisher aufgegangen war. Früh war sie mit dem Hengst hierher gekommen, sogar extra Schulfrei hatte sie bekommen, dass sie früher hier am Strand sein konnte um noch einen gemütlichen Spaziergang mit Melbork machen konnte. Auch wenn es hier kein Gras zum naschen gab, schien der Hengst es doch sehr genossen zu haben. Immerwieder war er mit seinen Hufen in die Brandung getreten um sich die Hufe kühlen zu lassen und mit den Schaumkronen der Wellen zu spielen. Kiki hatte zum Glück einen Extra langen Führstrick eingepackt, so konnte sie dem Hengst die Freiheit geben umher zu hüpfen und mit den Wellen fangen zu spielen. Es war schon sehr nett anzusehen wie Melbork mal mit großen Sprüngen vor den Wellen zu fliehen schien, nur um kurz darauf wieder in sie hinein zu hüpfen und das Wasser nach allen Seiten spritzen zu lassen.
Da machte es Kiki nichts, dass sie ab und an getroffen wuder und ihr Shirt und ihre Hose mit der Zeit immer nasser wurde – das trocknete ja wieder.
Und es war tatsächlich getrocknet bis sie nun an diesem schönen Nachmittag zum Cross Country antrat. Inzwischen saß sie im Sattel und sah zum Himmel auf, während sie noch den letzten gut gemeinten Ratschlägen lauschte. Ob das Wetter halten würde? Auf Regen hatte sie so gar keine Lust. Melbrock wartete geduldig bis die Erwachsenen dem Teenager auf seinem Rücken zum gefühlt zehnten Mal eingetrichtert hatte ja vorsichtig zu sein und nichts zu riskieren – der erste Platz war es nicht Wert sein Leben zu riskieren. Kiki seufzte nur und erwähnte, dass es nicht das erste Cross Country war das sie ritt – nur das Pferd war größer als bisher gewohnt und dafür hatte sie ja jetzt die letzten beiden Wochen täglich trainiert. Es erschien ihr als würden die Erwachsenen nur von ihr ablassen, weil es nun Zeit für die beiden war an den Start zu reiten und Kiki machte gerade ihrem Vater klar dass er dort nicht erwünscht war. Das würde sie auch ohne Überwachung hinbekommen.
Aufgewärmt war Malbork schon, ein paar Probesprünge hatte Kiki im Vorfeld gemacht, genauso wie sie ein wenig den Strand auf und ab geritten war, bevor sie nochmal abgesessen war um in Ruhe etwas zu trinken. Auf das Essen hatte sie explizit verzichtet, erstens hatte sie keine Lust gehabt sich eventuell vollzukleckern und auf der anderen Seite wollte sie auf alle Eventualitäten vorbereitet sein – und im allerschlimmsten Fall war ein leerer Magen im Krankenhaus besser zu händeln hatte ihr mal jemand erzählt.
Das Startsignal ertönte und Melbork startete auf Kikis sachten Schenkeldruck hin. Sie erinnerte sich noch kurz daran wie schwierig es gewesen war durchzusetzen dass sie Melbork mit dem Knotenhalfter in der Cross Country reiten durfte. Am Ende hatte es ein tierärztliches Schreiben gebraucht, dass der Hengst am besten zu händeln war, wenn nur das dünne Knotenhalfter seinen Kopf umgab. So hatten sich die Verantwortlichen geschlagen gegeben, denn immerhin stand auch bei ihnen die Sicherheit der Pferde und Reiter an oberster Stelle. Und so hielt Kiki gerade nur zwei dünne Stricke statt der stabilen Zügel die sie gewohnt war in der Hand und fühlte sich ein bisschen seltsam. Aber das Gefühl verflog auch schnell wieder, als das erste Hindernis in Sicht kam und Melbork zielgerichtet drauf zusteuerte. Ein einfaches, aber doch sehr hübsch gestaltetes Häuschen im Schwedenstil – wäre es nicht langgezogen gewesen hätte man es tatsächlich für ein Schwedenhäuschen im Miniaturformat halten können. Typisch mit roten Holzbalken verziert und mit dem weißen Dachrandabschluss an den Seiten. Auch waren weiß gestrichene Holzfenster angebracht, was die Illusion abrundete. Die beinahe perfekte Illusion viel Kiki jedoch nur am Rande auf, denn Mebork sprang schnell, zielgerichtet und sicher darüber. Schon suchten seine Augen nach dem nächsten Hindernis und Kiki musste ihm nur ganz sachte die Richtung weisen gbevor der Hengst zeigte dass er nicht nur gut im Springen war, sondern auch schnell. Mit kraftvollen Sprügen näherte er sich dem nächsten Hindernis – einer Trippelbarre, die gestaltet war wie drei Möwen die gerade vom Boden abhoben. Langgestreckt glitt Melbork über die ausgebreiteten Flüge und landete sicher auf der anderen Seite, nur um nach kurzer Strecke einen aufgeschütteten Sandhügel hinauf zu galoppieren und gemäßigt in den Coffin hinuter zu springen. Ein kurzer Galloppsprung, ein Sprung nach oben, und schon war er wieder heraußen und der Coffin lag auch schon hinter Pferd und Reiterin, die bisher noch gut in der Zeit lagen. Trotzdem traute sich Kiki auf dem vor ihr liegenden Teilstück etwas zu beschleunigen. Immerhin galt es hier eine längere Strecke zu überwinden, da konnte sie Melbork auch gut rennen lassen, was beiden gut gefiel. Mal kurz den Wind um die Nase wehen lassen und die Freiheit spüren, ehe sie sich in gemäßigterem Gallopp den Baumstämmen widmeten, die vor ihnen lagen. Ganz normale Baumstämme mit einer gut gestutzten Hecke dazwischen, die eher aussah wie eine gut gestutzte Norwegermähne als eine Hecke, die von Melbork genommen wurde, als wäre sie nicht da. Der Hengst hob die Hufe und schien mehr hinübergleiten als zu springen – das Ganze sah so einfach aus und fühlte sich auch so einfach an, dass Kiki für einen Moment fast vergas dass sie wirklich auf einem echten Pferd saß und nicht nur ein Computerspiel spielte. Auf der anderen Seite landete der Hengst sanft und hatte schon das nächste Hindernis im Blick – nur ganz kurz musste Kiki ihn korrigieren, denn er peilte das falsche Hindernis an. Aber gut, ging es eben nicht über ein weiteres Schwedenhaus, sondern zunächst über ein umgedrehtes Boot. Kiki konnte es im näherkommen genau studieren – es war tatsächlich ein Holzboot, das man einfach umgedreht hatte. Natürlich naturbelassen und nicht farbig angestrichen, weswegen man gut sehen konnte wie die einzelnen Holzbretter gebogen waren und sich um die stützenden Streben im inneren schmiegten. Leider etwas schmucklos, aber Kiki verstand es, wahrscheinlich wäre mehr Dekoration einfach zu gefährlich gewesen, wenn gleich sich hier am Rand des Bootes eine Möwe bestimmt gut als Dekoration gemacht hätte.
Auf das Boot folgten in kurzem Abstand zwei weitere Boote, die wesentlich kleiner waren und genau in einer zu reitenden Kurve lagen. Beide mit grün bepflanzt waren sie sehr schmal und Kiki hatte nicht lange Zeit sich zu überlegen welches der Boote sie nehmen würde. Das, das innen auf der Kurve lag versprach einige Sekunden Zeitersparnis, aber würde Mebork das schaffen? Sicherer war es auf jeden Fall das äußere Boot zu nehmen. sie hatte noch im Kopf dass es ein paar Sekunden nicht wert waren das Leben mit einem Unfall zu riskieren, doch sie schüttelte den Gedanken ab. Das waren die Ängste der andren, nicht die ihrigen. Und außerdem war Melbork ein Pferd das es gewozhnt war Drachen zu jagen und gegen diese zu kämpfen – da würde ihm eine enge Wendung bestimmt nichts ausmachen! So stuerte Kiki den Hengst zielgerichtet zum inneren hindernis und wurde nicht enttäuscht. Sicher und gelassen nahm der Hengst die engere Wendung und sprang fast schon gemütlich über das kleine Boot.
Nach einer sicheren Landung peilten die beiden auch schon das nächste Hindernis an – das Schwedenhaus, das Melbork schon vorhaer hatte überspringen wollen. Dieses mal nicht in dem bekannten knalligen rot gestrichen, doch auch das blau war zierend und leuchtete nicht weniger als das rot. Gut zu sehen und doch fast als wäre es nicht da, mit solch einer Leichtigkeit überwand Melbork auch dieses Häuschen und schnaubte zufrieden als er wieder im weichen Sand landete. Fast schon gemütlich galoppierte er weiter und steuerte den Graben an, der in den lockeren Sand gegraben worden war und das Wasserhindernis mit Meerwasser speiste. Auch den überwand das Paar ohne größere Schwierigkeiten und schon ging es auf das nächste Hindernis zu – eine mit Holzstämmen befestigte Steigung, die es hinaufzuspringen galt. Kiki fühlte sich inzwischen so sicher auf Melborks Rücken, dass sie dem Hengst die Zügel freigab und ihn ein klein wenig antrieb. Nicht zu viel, nur ein kleines bisschen schneller, den Aufsprung würde er schon schaffen – doch hier hatte die junge Reiterin sich schwer verschätzt. Durch die schnelleren und längeren Sprünge kam das Hindernis viel zu schnell näher – und auch wenn Melbrok sein bestes gab um schnell hinaufzuspringen, schaffte er es nur ganz knapp und zog sich mehr das Hanidernis hinauf als dass er tatsächlich sprang. Kiki blieb kurz das Herz stehen, als sie spürte wie die Hinterhufe des Hengstes abrutschten und sie sah sich und das Pferd schon im Sand liegen.
Glücklicherweise konnte das erfahrene Tier sich jedoch ausbalancieren und galoppierte weiter, als wäre nichts gewesen auf das Wasserhindernis zu. Kiki sah die Wasseroberfläche glitzern, als die Wolken der Sonne kurz Platz machen und ihr erlaubten die Szenerie zu beleuchten.
Durch den Graben, den man gegraben hatte wurde ein kleiner, ausgebaggerter Tümpel mit Meerwasser versorgt. Wie tief die Kuhle war, in die das Paar gleich hineinspringen würde, war, das wussten sie nicht. Kiki hoffte nur dass es nicht allzu tief hinunter gehen würde, als sie sich dem Einsprung näherte. Doch sie hatte keine Zeit Angst zu haben, denn schon sprang Malbork ab – und landete im Wasser, dass ihm bis zum Sprunggelenk reichte. Tiefer als Kiki gehofft hatte, aber noch akzeptabel, vor allem da dem Hengst das tiefe Wasser nicht wirklich etwas auszumachen schien. Beständig galoppierte er weiter, direkt auf die Indel zu, die sich in der Mitte des Tümpels befand und auf der präsent ein Sprung thronte den es zu durchspringen galt. Unten ein Boot mit grün beflanzt, obendrüber in einem Dreieck ein Segeltuch gepannt das die Seiten flankierte. Ein Hindernis vor dem es Kiki eigentlich immer ein wenig gruselte, diesmal hatte sie allerdings keine Zeit Angst zu haben, denn Malbork beschleunigte kurz, hob sich dann mit gewaltigem Schwung aus dem Wasser und sprang durch das Hindernis hindurch, nur um einen Galoppsprung später wieder im Wasser zu landen und sich seinen Weg durch das Meerwasser zu pflügen wie ein Schneepflug in einem kalten Winter durch die Schneemassen. Und schon waren sie am Aussprung und diesmal war Kiki schlauer. Sie hielt den Hengst zurück und timte die Galoppsprünge so, das er mit einem hohen Sprung sicher aus dem Wasser herauskam und ohne abzurutschen einfach weiter galoppieren konnte.
Malbrock schüttelte sich nach dem Sprung aus dem Wasser während des Galopps einmal kurz, als habe er Wasser im Fell und suchte danach das nächste Hinderniss. Kiki musste ihn diesmal noch nicht einmal darauf hinweisen, denn er sah das Bullfinch selber. Gekonnt korrigierte er seine Richtung und steuerte genau auf die Mitte des Sprunges zu, der einen ungefüllten Graben hatte und danach eine Hecke, die mit dicken, aus dem Sand ragenden Holzbohlen verziert war.Mit einem gewaltigen Satz glitt der Hengst gekonnt so dicht über die Hecke, dass sie seinen Bauch streifte. Kiki kannte das Hindernis zwar, war aber nicht darauf vorbereitet, dass ihre Stiefel die Hecke berühren würden und zock unwillkürlich die Beine ein Stück höher, als sie sich erschrak. Melbork nahm das als willkommenes Signal, schneller zu werden und so wurden seiner Galloppsprünge länger und flacher. Kiki indes versuchte sich neu zu sortieren und ihr Gleichgewicht wieder zu finden. Waren sie noch auf dem richtigen Weg? Waren sie zu schnell? Oder würde der Hengst seinen Weg finden, auch wenn er so schnell war? Wie viele Hindernisse waren es denn jetzt noch? War es denn jetzt schon Zeit für den Endspurt?
Noch während Kiki versuchte ihre Gedanken zu sortieren hatte Melbork das letzte Hindernis gesehen und steuert das weiße Schwedenhäuschen an, um mit einem gewaltigen Sprung darüber zu setzen und nochmal einen Ticken schneller zu werden, die Ziellinie fest vor Augen. Jetzt wurde es Kiki doch zu schnell und Angsterfüllt lehnte sie sich zurück und nahm die Zügel auf, was den Hengst dazu veranlasste, seine Galoppsprünge wieder zu verlangsamen. Was jedoch keinen großen Unterschied mehr machte, denn da hatten sie auch schn die Ziellinie überquert und mussten abbremsen. Zuerst in langsamen Galopp, dann ließ Kiki Melbork in Trab fallen bevor es nach einem weiteren Zirkel in Schritt überging. Sie spürte wie der Hengst unter ihr atmete, jedoch langsam zur Ruhe kam und nach und nach normalisierte sich auch ihr Herzschlag wieder. Der letzte Teil hätte auch schief gehen können, das war mehr Glück als Verstand gewesen, dass sie so gut über das letzte Hindernis gekommen waren. Und auch Melborks Erfahrung hatte sie gerettet, denn der Hengst hatte genau gewusst wie schnell er über das letzte Hindernis hatte springen können, ohne sich und seine Reiterin in Gefahr zu bringen.
Da war auch schon ihr Vater der ihr missbilligend mitteilte dass ein Endspurt bei einem Cross Country nicht angebracht war und dass ei noch viel lernen müsste bevor er sie nochmal an einem Cross Country für Großpferde teilnehmen ließ. Die Ponyvariante erschien ihm da weitaus ungefährlicher. Kiki verdrehte die Augen. Sie verstand ihren Vater zwar, aber auch vom Pony konnte man böse stürzen. Aber gut, wenn er meinte. Allerdings würde sie Melbork sehr vermissen, das stand für sie fest. Dieser Hengst war ein so feines, einmaliges Pferd und sie war Dankbar, dass sie ihn die zwei Wochen hatte reiten dürfen und dass er sie durch diesen Parcour getragen hatte, der wesentlich einfacher ausgesehen hatte, als er tatsächlich gewesen war.
Malbork hab ich mir von Julsquick geliehen
Letztes Turnier für Codo fürs Jahr 2023 und sein letzter Auftritt in der EM im Team. Armer Kerl, er hat einfach viel zu viel zu tun um dauerhaft in nem Team zu sein das auf ihn angewiesen ist.
Jedoch geht es gleich weiter mit den European Masters. Denn so knapp wie sie geendet haben, starten sie auch wieder und diesmal tritt Sophie mit einem neuen Hengst an, den sie noch auf die hohe Klasse vorbereiten muss.
Dazu ist sie mit Gareth zu einem Partnerstall gereist und trainiert dort ein paar Tage für die bevorstehende Turniersaison.
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Die nächsten drei Bilder sind von einem kleinen Heimturnier auf dem Mühlenhof. Einfach nur was kleines, so zum Spaß. Verkleiden und dann mit irgendeinem reitbaren Tierchen antreten.
Da haben wir:
Kenneth und Saga
Keraco und Chikondi
Leonis und Belzebub
Und da sind die beiden! Dieses Jahr in einem neuen Team, aber immer noch mit dem gleichen Elan dabei wie das letzte Jahr!
Natürlich war Sophie auch in diesem Jahr wieder mit von der Partie. Codo hatte nach dem einen Jahr im Team praktisch aufgegeben, etwas von “zu viel Stress” gemurmelt und ihr den Anmeldebogen zurückgegeben. Sophie hatte nur die Augen verdreht und mit den Schultern gezuckt. Gut, dann würde sie eben alleine starten und den Stall auf europäischen Parkett vertreten. Ok, auch nicht ganz alleine, dachte sie bei sich und nickte Julia zu, die gerade vorbeiging um ihr Pferd fertig zu machen. Von ihrem Partnerstall Scott Peak Stables war auch dieses Jahr wieder eine Reiterin dabei und auch dieses Jahr freute sich Sophie wieder ungemein dass sie nicht nur neuen Leuten gegenüber stand, sondern auch dieses Mal wieder zumindest ein bekanntes Gesicht in ihrem Team hatte.
Gareth schnaubte als sie ihn ein wenig zu heftig über den Rücken bürstete. Für dieses Jahr hatte sie ein neues Pferd bekommen. Nicht dass Eisprinzessin oder Heroes schlechte Pferde gewesen waren, aber Codo hatte es sich in den Kopf gesetzt, dass der Mühlenhof mit einem Pferd Karriere machen sollte, dass einer bekannten Rasse, aber nicht deren Standard entsprach. Und so hatte er ihr einen Trakehner in ungewühnlicher Farbe abgeschleppt. Roan war zwar nicht komplett verboten, wurde aber laut Farbstandard nicht gerne gesehen.
Sophie klopfte Gareth den Hals. “Da hat sich der Chef ja wieder was ausgedacht.” Wenigstens hatte er sie sich das Team selber aussuchen lassen, auch wenn Lucy ihn bekniet hatte sie ins Team Dragonfruit zu stecken. Aber Codo hatte Sophies Zorn zu sehr gefürchtet und so war sie nochmal drumherum gekommen rosa tragen zu müssen. Rot war das höchste der Gefühle und auch da war ja schon ein minimaler Anteil an rosa dabei.
Grummelig sah Sophie auf die Teamausrüstung, die ihrer Meinung nach viel zu viel rot-rosa enthielt als sie selber für gut befand. Selbstverständlich ging es ihrer Schwester nicht weit genug und sie hatte es als rot abgetan und sehnsüchtig zur Ausrüstung der anderen hinübergelinst als sie vorhin an Gareths Box vorbeigekommen war, um Sophie Glück zu wünschen. “Mögest du dieses Jahr erfolgreicher sein als das letzte!”
Selbstverständlich war das ohne Unterton und ohne Hintergedanken gewesen, aber Sophie ärgerte sich trotzdem. Sie war letztes Jahr erfolgreich gewesen! Also zumindest im Sattel. Erfolgreich genug um Schleifen mit nach Hause zu bringen zumindest. Und wenn es manchmal auch nur eine Teilnehmerschleife gewesen war, aber immerhin hatte sie jeden Ritt, den sie begonnen hatte auch heile beendet. Und auch ihrem Pferd vom letzten Jahr ging es noch gut. Wenn das kein Erfolg war… Leider hatte sie immer noch nicht herausgefunden wer eigentlich die European Masters veranstaltete, dafür war letztes Jahr irgendwie nicht so die Zeit gewesen die sie gerne gehabt hätte, trotz dass sie fachkundige unterstützung gehabt hatte.
Eine Aufgabe der sie sich dieses Jahr widmen würde. Genauso wie ihrer Schwester zu zeigen dass auch sie erfolgreich sein konnte. Da waren doch weder Lucy noch Codo wirklich Konkurrenz für eine Sophie Lainely, auch wenn die gefühlt den halben Stall mitschleppten um in den Seitenklassen anzutreten. Aber das war halt keine Masters Class, die blieb alleine ihr, um darin zu glänzen.
“So, genug geputzt.” sagte sie und begutachtete das Pferd, das fast schon glänzend vor ihr stand. “Hübsch genug bist du. Jetzt nur noch aufsatteln und dann zeigen wirs denen! Auf zum Punkte holen für Team Strawberry!”
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Da die Turniere der EM nicht nur einen Tag gehen, sondern das ganze Wochenende, gibts natürlich noch viel mehr Möglichkeiten ein paar Schleifchen mit nach Hause zu nehmen…
“Warum kanns nicht noch zwei Grad mehr haben?” jammerte Lucy und sah aus als hätte sie am liebsten die Heizung angemacht. “Na Prinzessin, sind dir 18 Grad noch zu kalt?” frotzelte Codo aus der Nachbarbox in der er eines seiner Pferde fertig machte mit dem er gleich antreten wollte. Direkt nebenand gähnte Sophie, die heute als Codos Helferin rumsprang. Immerhin hatte Codo das ehrgeizige Ziel mit gleich zwei Pferden in der Dressur anzutreten.
“Ihr macht euch über mich lustig!” stellte Lucy empört fest. “Aber 20 Grad und ein kühles Lüftchen wären ideal!” “Blöd dass nicht alles nach deiner Pfeife tanzt, nicht wahr?” frotzelte Sophie und genoss es ihren Zwilling mal wieder aufzuziehen. “Dabei wäre es so einfach! Wofür haben wir nen Magier hier unter uns?” Nun schnaubte selbst Steph, Lucys Dressurpferd. “Da, siehst du, selbst dein Pferd hält dich für verrückt!” meinte Codo lachend. “Und übrigens, nur weil ich Magier bin heißt es noch lang nicht dass ich das Wetter beeinflussen können muss. Ich mein, ich könnte zwar, aber ich sehe keinen Grund dafür. Du wirst dich mit der Temperatur arrangieren müssen.”
Lucy grummelte verärgert. Erst machten sie sich über sie lustig und dann waren sie nicht gewillt ihr einen kleinen Wunsch zu erfüllen. Das würden sie noch büßen! Also Codo würde dafür büßen seine Magie einzusetzen und Sophie würde es büßen, dass sie sich mal wieder über ihre Schwester lustig machte. Sie wusste zwar noch nicht wie, aber die beiden würden sie noch um Verzeihung anflehen.
Codo grinste unverschämt. “Überlegst du wie du alle meine Sachen gegen rosa Klamotten austauscht? Du weißt, dass ich nichts gegen diese Farbei einzuwenden hab.” Das war Lucys erster Streich gegenüber ihrer Schwester gewesen, weil sie wusste dass Sophie pink hasste wie sonst kaum etwas. Viel zu Mädchenhaft in ihren Augen. Und zwar war Sophie weiblich und war damit auch zufrieden, aber sie definitv kein kleines Mädchen, dass niedlich sein wollte. “Da fällt mir ein – wie siehts eigentlich mit eurem kleinen Krieg aus? Da hab ich jetzt schon länger nichts mehr mitbekommen.” Codo sah nach links und rechts. Die Zwillinge hatten schon bevor Codo seinen Stall aufgebaut hatte, einen Kleinkrieg angefangen und begonnen sich auf witzige Weise Streiche zu spielen. Ob nun Klamotten austauschen, etwas verschwinden lassen, dem anderen etwas ekliges, getarnt als Lieblingsspeise vorsetzen… Die beiden wussten wie man sich gegenseitig Maßvoll ärgerte. “Ich warte auf Lucys nächsten Einfall.” kam es von Sophie und Lucy streckte ihr durch die Gitterstäbe der Boxen hindurch die Zunge heraus, bevor sie die letzten Zöpfe ihrer Stute einflocht. “Ich war ja auch damit beschäftigt mein Staatsexamen zu machen.“ “Das müssen wir übrigens auch noch feiern.” meinte Codo und angelte nach dem Zopfgummi, den er verloren hatte und dessen Fall von seinem Knie gebremst worden war. Lucy hatte vor nicht allzulanger Zeit ihr letztes Staatsexamen abgelegt und war nun Rechtsanwältin. Aktuell überlegte sei noch ob sie eine Zusatzausbildung machen sollte, um auch im internationalen Recht fit zu werden. Doch vorher hatte sie beschlossen sich eine Pause zu gönnen und war deshalb mit aufs Turnier gekommen. “Hey, du bist gar nicht dran mit Streich spielen!” quietschte Lucy auf einmal. Sophie horchte auf. “Wo hast du meine Satteldecke hin?” “Ey, warum sollte ich deine Satteldecke weghaben? Die is rosa, die fass ich nicht an!” motzte Sophie halb verärgert los. Jeder wusste wie sie es hasste wenn man sie bezichtigte mit Absicht irgendwas wegzuräumen was man dann nicht mehr fand – wenn dann tat sie das unabsichtlich in Gedanken war. Codo seufzte. “Deine rosa Satteldecke mit dem mokkafarbenen Rand hast du bereits an deinem Sattel befestigt.“ Das war irgendeine Markenschabracke auf die Lucy ganz stolz war und die sie jetzt mal wieder hervorgekramt hatte, nachdem sie herausgefunden hatte, dass es nicht vorgeschrieben war dass man auf Turnieren eine weiße Satteldecke brauchte. Auch Codo hatte nicht schlecht gestaunt und die weißen Satteldecken sofort in einen Schrank geräumt. Dort konnte mn die sich rausnehmen, wenn man auf ein Turnier ging bei der eine weiße Satteldecke vorgeschrieben war. Geseufzt hatten alle Reiter am Stall als die Nachricht rumging. Klar, es war immer noch möglich dass man dafür Abzüge in der Note bekam weil man nicht so “ordentlich” aussah, aber das war allen egal. Schließlich hatten sie keine Trainerkarriere aufzubauen sondern ghingen eigentlich nur aus Spaß auf die Turniere und um den Pferden auch mal was anderes zu bieten als die heimische Umgebung. Auf die paar Punkte Abzug kam es da auch nicht mehr an.
Lucy quiekte entzückt und strich über die frisch gewaschene Satteldecke, bevor sie Steph aufsattelte und ihr die dazu passenden Fliegenöhrchen anzog.
“Irgendwann müssen wir ihr entweder ne Krone um den Reithelm basteln, oder aber Steph ne Krone ins Fell scheren.” meinte Codo und schüttelte den Kopf.
“Meinst du nicht wir täten uns einfacher wenn ihr nen Adelstitel schenken?” fragte Sophie und zog eine Augenbraue hoch. Codo erstarrte mitten in der Bewegung. “Man kann Adelstitel verschenken?!” fragte er entgeistert. “Klar! In Deutschland wurden Adelstitel abgeschafft. Du hast also nix mehr davon, wenn du adlig bist. Daher kannst du im Internet ganz einfach Adelstitel kaufen. Zwar keinen Prinzessinentitel, denn manche Bundesländer haben noch Königshäuser, zumindest dem Namen nach, aber sowas wie Graf oder sowas kriegst du für teilweise unter hundert € auf einschlägigen Webseiten.”
Nun spitzte auch Lucy die Ohren. “Du willst mich nicht veräppeln?” Sophie schüttelte den Kopf. “Versprochen. Damit wirst du zwar nicht in der High Society angeben können, aber so zum Spaß?” sie zuckte mit den Schultern und nicht nur das schwarze Turnierjackett, das Lucy anzog, glitzerte. “Boah, einen echten Adelstitel, egal ob nun gekauft oder nicht… Das wär schon cool.” sagte sie und schob die Boxentür auf. “Also wenn ihr mir was zum bestandenen Staatsexamen schenken wollt, dann würd ich mich über einen Adelstitel sehr freuen!” merkte sie an und trat auf die Stallgasse hinaus. “Ist vermerkt.” brummelte Codo und konnte immer noch nicht ganz glauben was er da gehört hatte. Lucy stülpte ihren Reihelm über und überprüfte mit kritischem Auge nochmal ihren zustand und den Zustand ihrer Stute. Ja, doch, sie sahen oprdentlich aus. So konnten sie raus gehen. “Bis später dann, Leute!” meinte sie und machte sich auf um ihre Stute warmzureiten.
Zurück blieben ein sehr erstaunter Codo und eine konzentrierte Sophie. “Ist das schon der Anfang deines nächsten Streiches?” fragte Codo misstrauisch und Sophie unterbrach ihre Arbeit abermals. “Häh, wieso das?” “Ich habs recherchiert, weil mir der Gedanke auch kam und in Deutschland ist es doch verboten Adelstitel zu kaufen?” fragte Codo mit hochgezogener Augenbraue. Sophie nickte. “Beziehungsweise ist nicht der Kauf per se verboten, sondern durch ein Gesetz von 1919 ist es verboten Adelstitel zu verleihen und die heutige Rechtslage die daraus abgeleitet wird, ist, dass du damit nicht berechtigt bist einen Adelstitel zu tragen oder zu benutzen. Ausgenommen sind davon nur die direkten oder adoptierten Nachkommen von Adligen. Oh, und deren Ehepartner.” Sophie nahm ihre Einflechtarbeit wieder auf. “Wir könnten Lucy also adoptieren lassen, das machen einige gegen Geld, oder wir wählen die schottische Variante. Da kannst du ein Stück Land kaufen und die, die dort Land besitzen nennt man “Laird”, was in Deutschland oft mit Lord oder Lady assoziiert wird.” schloss Sophie ihre Erklärungen und das Kapitel Mähne einflechten ab.
Wirrander schnaubte und knabberte an Sophies Fuß herum. Der liebenswerte junge Nordanner Hengst fand, dass sie ein kleines bisschen zu langsam war und wollte los. Und zwar jetzt.
“Ist ja gut mein Kleiner!” lachte Sophie und streichelte über seinen Rücken. Dann zupfte sie noch schnell einen Strohhalm aus seinem Schweif, ehe sie sich der Satteldecke zuwandte, die sich Codo ausgesucht hatte. Passend zum dunkelblauen Turnierjackett, das schon bereithing, hatte er auch für Wirrander dunkelblaue Satteldecke und Fliegenohren ausgewählt, doch bei Wirrander noch ein kleines Extra zugestanden – beides hatte jeweils ein glitzerndes Band am Rand eingearbeitet, was das ganze nochmal ein wenig edler erscheinen ließ. Fast schon ungestüm schlüpfte Wirrander in die Fliegenohren und begann zu tänzeln als Sophie nicht schnell genug die Schabracke auflegte. Sophie grinste. Der Hengst hatte offensichtlich nicht nur Gefallen am Training gefunden, sondern auch daran, hübsch auszusehen. Schnaubend präsentierte der Hengst sich und stand in der Box wie eine Statue, bereit loszuschreiten und sich von seiner besten Seite zu zeigen.
Sophie holte ihn zurück auf den Boden der Tatsachen, als sie ihn erstmal aufzäumte und sich wieder Codo zuwandte, der eine Milliarden Fragen zu haben schien. Schließlich hatte er seine Gedanken soweit geantwortet, dass er sie auch stellen konnte. “Aber – was hat so ein Adelstitel dann überhaupt für einen Wert?” Sophie schnappte sich den Sattel. “Nun, eigentlich hat der Adelstitel ja nicht die Bedeutung gehabt dich herauszustellen und dich zu was besonderem zu machen. Geschichtlich gesehen wurde er verliehen dass die Mesnchen jemanden hatten auf den sie sich verlassen konnten. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Adligen gewesen, die Menschen zu beschützen und für sie zu sorgen, wenn ein harter Winter ihre Vorräte zerstört hat oder ein Angriff kam und die Menschen Angst um Hab, Gut und Leben haben mussten. Auch waren Adlige eigentlich nur die Verwalter des Landes, das man ihnen zugestand und sie hätten eigentlich dafür zu sorgen gehabt, dass jeder gleich viel davon hat. Oder zumindest so viel, wie seine Arbeit wert war.”
Wirrander scharrte mit dem Huf und hätte beinahe Sophies Fuß getroffen, die mit Empörung reagierte. “Sag mal, gehts dir zu gut? Jetzt reiß dich doch mal zusammen, Wirrander!” schalt sie den Hengst während sie nachgurtete. “Du kommst schon noch früh genug raus!”
Das früh genug war offensichtlich nicht früh genug, denn jetzt versuchte er die Boxentür mit der Nase aufzuschieben. Sophie verdrehte die Augen und zog ihn zurück. “Sorry Codo, aber sieht so aus als könnte ich dir erstmal nicht mehr Informationen liefern. Da will sich jemand vom Acker machen und ich muss mit.” Sie stellte sich vor den Hengst und schob die Boxentür auf.
Wenigstens wartete Wirrander brav ab bis Sophie auf die Stallgasse getreten war und folgte ihr dann nach draußen. Immer wieder musste die junge Frau den braunen Hengst bremsen, der unaufhaltsam und im flotten Tempo nach draußen drängte und sich dort erstmal umsah. Sophie zuckte mit den Schultern, schirmte ihre Augen ab und sah nach oben. Sonne schien, 18 Grad war warm genug dass man sich nicht die Finger abfror… Was hatte ihre Schwester nur? Sie saß auf und lekte den Hengst in Richtung des Abreitplatzes. Wiirander schlug ungeduldig mit dem Kopf. Was war heute nur mit ihm los? fragte seine Reiterin sich, denn im Training hatte er sich von einer anderen Seite gezeigt. Brav, gehorsam und arbeitswillig. Wenngleich mit einem sehr raumgreifenden Schritt, den Sophie sehr schwierig zu reiten fand. Sie war froh dass sie nicht lange in Wirranders Sattel sitzen musste, sie hätte darin vermutlich keine gute Figur abgegeben. Außerdem genoss sie es heute mal einfach in Reithose und T-Shirt zwischen all den Reitern zu sein, die alle aussahen wie aus dem Ei gepellt. Sophie stach dahingegen raus wie ein bunter Hund und sie grinste bei den Blicken, die sie von den anderen Reitern bekam.
Auf dem Abreiteplatz angelangt kehrte zumindest etwas Ruhe bei Wirrander ein, als er sah, dass es jetzt darum ging wirklich was zu tun. Wie geübt beugte der Hengst den Hals, trat schön unter und der Rücken federte locker und leicht mit. Bereits im Schritt streckte er seine Beine weit und hoch und Sophie sah ihre Schwester den Kopf schütteln. Sie hatte schon im Training gesagt dass dieser Hengst sich noch verletzen würde, wenn er weiter so daran arbeitete die Beine und Hufe so hochzuschmeißen. Aber bisher ging es ihm noch gut und Codo ließ keine Widerworte zu. Jedes Pferd sollte sich entfalten wie es wollte. Und wenn Wirrander die Beine so hochwerfen wollte, dann sollte er das auch dürfen.
Sophie grinste nur und konzentrierte sich auf Wirrander, der inzwischen in den Trab gewechselt war und seine Reiterin mit seinem schwungvollen Gang immer mal wieder beinahe abwarf. Eigentlich ein richtig braves und umgängliches Tier, aber wirklich grauenhaft zu sitzen. Also zumindest für sie. Codo fand ihn ziemlich bequem und hatte sich schon sehr gefreut mit dem Hengst gemeinsam das Turnier zu bestreiten.
Wirrander blickte ab und an zum Stall hinüber und schien sich zu fragen, wo sein Reiter blieb. Irgendwie ahnte er, dass er nicht mit dieser Reiterinim Dressurviereck auftauchen würde. Sophie klopfte ihm den Hals. “Ist schon gut, Codo kommt gleich. Der hat dich nicht vergessen, mein Hübscher.”
Nun waren Codo und seine Stute alleine und so musste sie als Gesprächspartnerin für seine Überlegungen herhalten. Das schien Maisie aber überhaupt nicht zu stören. Denn die knabberte ruhig an dem Heu, das noch in ihrer Box lag und wandte immer nur mal das eine oder das andre Ohr in Richtung ihres Reiters.
“Na dich kann ich ja wohl nicht fragen, ob du Lucy adoptierst?” fragte Codo seufzend und flocht den letzten Zopf in der Mähne ein. Maisie, die den Namenszusatz “Lady of Glasgow” innehatte, wäre perfekt dafür gewesen. Das Pferd besaß er schon, der Namenszusatz war auch schon da – nur leider kannte er kein Land auf der Erde in dem es erlaubt war dass ein Pferd einen Menschen adoptierte. Und wie Sophie schon dargelegt hatte – einen Adelstitel zu bekommen, den Lucy offiziell im Namen führen durfte, das würde schwierig bis unmöglich werden. Ach verdammt, warum hatte er sich ausgerechnet Deutschland als Heimatort ausgesucht?
Maisie erinnerte ihn mit Freuden daran als er ihren Schweif säuberte und für sie zu grob an einem Strohhalm zupfte – sie hob drohend den Huf. Das war eine eindeutige Warnung. “Wenn du dich nicht um mich bemühst, ziehe ich andre Saiten auf, mein Freund!”
Die Sozialsysteme, die Krankenversicherung und die dadurch vergleichsweise und unkomplizierte Behandlung im Krankheitsfall. Tatsächlich war er schon oftmals sehr froh gewesen dass er zwar einen Haufen Geld bezahlte, gerade auch für seine Angestellten, aber dafür einfach nur zum Arzt gehen musste, eine kleine Plastikkarte vorlegen und dann wurde alles weitere geregelt. Keine Rechnungen die zu ihm ins Haus flattern, kein überlegen wie man die Rechnung jetzt bezahlen sollte – nichts. Und man konnte sich auch noch aussuchen zu welchem Arzt man ging! Nicht einfach zum nächstbesten, sondern wenn einem ein Arzt nicht zusagen, machte man einfach einen Termin bei einem anderen. Das war schon ein sehr bequemes System.
“Schade dass das für euch Pferde nicht funktioniert. Das wäre wesentlich einfacher als die Arztrechnungen durchzugehen und zu überprüfen ob die gerechtfertigt sind.” Maisie schnaubte erneut. “Hast ja Recht. Hätten wir keinen Tierarzt im Ausland, dann wäre das auch kein Problem.” Allerdings zahlten die Tierkrankenversicherungen in Deutschland nicht für ausländische Tierarztbesuche. Und er würde ganz gewiss nicht von der Tierklinik auf Scott Peak Stables wechseln, denn er war sehr zufrieden mit den Leistungen dort. Und seitdem in Deutschland die Preise angehoben worden waren, gab es aus seiner Sicht auch nicht mehr so einen großen Unterschied was die Preise anging.
Er schnappte sich Fliegenohren und Satteldecke die er für Maisie in einem hellen grau gewählt hatte. Als Maisie beides anhatte trat Codo einen Schritt zurück und sach sich die Stute nochmal an. Maisie sah zurück und man konnte direkt sehen, dass sie sich fragte was ihr Reiter da denn trieb. Wieso musste er sie immer wieder begutachten? Er hatte schon vor Tagen festgestellt dass das leicht glänzende grau fast aussah wie silber und ihr ausgezeichnet stand. Sie wieherte empört um ihn dazu aufzufordern sie zu satteln und zu trensen. Gleichzeitig sah Codo auf die Uhr. “Oh verdammt, ich hab getrödelt! Jetzt müssen wir uns aber sputen!”
Schnell holte er den Sattel und trenste danach Maisie, die ihrerseits nun rumzickte und versuchte Codo beiseite zu schieben. Als alles nichts half, schnappte sie nach seiner Hand und ließ die Zähne nur wenige Millimeter von seiner Haut lautstark aufeinanderprallen. Codo sprang einen Schritt zurück. “Hey, was sollte denn das!?”
Der Blick der Stute der ihn traf zeigte an dass Maisie nicht zu Verhandlungen bereit war. Nur weil sie es eilig hatten, hieß es nicht dass er einfach so den Gurt anziehen durfte oder das Zaumzeug verschnallen. Das wollte sie nicht und eigentlich wusste ihr Reiter das auch. Codo seufzte. “Nur gut dass wir bereits fertig sind!”
Er setzte sich den Helm auf und schob die Boxentüre auf. “Auf gehts´s!” Maisie sah ihn an und bewegte sich keinen Millimeter. Codo verdrehte die Augen. Er schnappte sich die Zügel und ging zwei Schritte vorraus. Immer noch keine Bewegung. Maisie stand da wie einzementiert. Codo seufzte laut. “Es tut mir leid, dass ich zu schnell war und dir nicht genug Beachtung beim Satteln geschenkt habe. Kommst du jetzt bitte?” Ein Schritt nach vorne. Aber da ging doch noch mehr! Maisie schnüffelte an Codos Hosentasche, sie roch die Leckerlies darin. “Also gut. Aber nur eins. Und erst wenn du aus der Box bist!” Er kramte ein Leckerchen aus der Hosentasche und stellte sich auf die Stallgasse.
Maisie machte den Hals lang, kam aber nicht hin. Also noch ein Schritt nach vorne. “Seeehr gut.” lobte Codo und trat noch einen Schritt zurück. Empört wieherte Maisie und hätte in ihrem Eifer, die Box zu verlassen, ihren Reiter beinahe umgerannt. “Ist ja schon gut, hier, hast du!”
Während Maisie an dem Leckerlie herumkauen machte Codo schnell die Box zu und griff dann die Zügel. Hoffentlich folgte sie ihm ohne weitere Bestechung aus dem Stall!
Doch er hatte sich zu viele Sorgen gemacht und schon saß er im Sattel.
Nun noch zum Abreiteplatz und schauen dass die Zeit bis zum Start ausreichte um Maisie warm zu kriegen.
Lucy war schon verschwunden, nur Sophie war noch dort. streng musterte sie Codo. “Du bist spät. Das schaffst du jetzt nicht mehr bevor du mit Wirrander starten musst.” Sie saß ab und schnappte sich Maisies Zügel. “Auf gehts, ich bring dir Maisie dann zum Start.” Codo seufzte, tauschte aber Pferde und wurde von Sophie direkt zum Turnierplatz geschickt. Sophie hingegen saß auf und trieb die Stute vorwärts. “Na, habt ihr euch mal wieder gestritten?” fragte sie die Stute und Maisie schnaubte zustimmend. “Dieser Codo, der lernt es aber auch nie!” Endlich jemand der Maisie verstand. Zufrieden schritt sie vorwärts und versuchte sich von ihrer besten Seite zu zeigen. “Dass du mir nachher aber brav bist, ja?” fragte Sophie streng und beobachtete das Ohrspiel der Stute. Die tat als hätte sie nichts gehört. “Wir verlassen uns auf dich und du willst doch die Zuschauer nicht enttäuschen, oder?” Die Stute wölbte den Rücken auf und ging von selbst im versammelten Trab. Ein Zeichen ihrerseits, dass sich Sophie keine Sorgen machen musste – sie hatte nicht den Zusatz Lady of Glasgow. Sie wusste wie man vor Publikum auftrat.
Nicht nur Codo war fleißig, sondern auch Lucy, denn sie ist neben der Dressur auch noch im Springen angetreten
Und nach Griechenland war es für Codo ja Zeit für seinen Urlaub in Japan! Die Pferde hat er schon zum Training nach BCS gebracht
„Kiki!“ Codo saß auf Kikis Bett, begleitet von seiner jüngeren Tochter und seiner Schwägerin, und sah zu, wie seine Tochter durch ihr Zimmer tanzte und hier und da Kleider einsammelte. „Kannst du nicht zu Ende packen? Wir wollen unsere Reise beginnen!“ Kiki war das egal. „Aber ich brauche die ganzen Sachen! Ich will eine gut angezogene Touristin sein!“ Firebird seufzte. „Als ob du nicht einen Großteil deines Taschengeldes ausgeben würdest, um dir dort neue Kleidung zu kaufen! Lass uns weitergehen, der Flug wird nicht auf uns warten!“ Kiki lachte laut auf. „Das ist eine Lüge, und das weißt du auch. Lana ist unsere Pilotin und sie wird nicht ohne uns fliegen.“ Codo schüttelte den Kopf und knurrte. „Auch wenn wir mit einem Privatpiloten fliegen, gibt es Flugpläne, die eingehalten werden müssen. Die Jacke ist das Letzte, was du einpackst. Sonst fliegen wir ohne dich!“
Familie Macaulay trifft die letzten Vorbereitungen für ihre Reise nach Japan! Einer von ihnen hat bei einer der Pemberley-Veranstaltungen eine All-Inclusive-Reise nach Japan gewonnen und Codo hat einen Teil seiner Ersparnisse genommen, um die ganze Familie mitzunehmen.
Während Lana alle mit einem gemieteten Privatjet nach Japan fliegt, nimmt sich Codo Zeit für ein ausführliches Gespräch mit seinem ältesten Sohn.
Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Ein Satz, der wunderbar zu Sophie passt.
„Jetzt können wir alles machen was wir wollen ohne das Codo uns herumkommandiert! Wir sind frei! Wie in alten Zeiten! „
„Du meisnt, wie damals, als Lucy uns rumkommandiert hat. „
„Ja, wie damals. Nur ohne Pink und Glitter. Und mit wesentlich mehr Freiheiten!“
„Sooo…“
„Stop! Ich will keine realistische Einschätzung der Situation. Ich will einfach nur glücklich sein!“
Wie könnte Sam die Tagträume seiner Verlobten einfach so zerstören? XD
Und während sich Codo in Japan vergnügt und Sophie schon begeistert festgestellt hat dass sie jetzt frei sind zu tun was auch immer sie wollen, hat sich Lana das passende Pferd geschnappt und ist zum Dutch Youngsters Cup nach Delft gefahren.
Eigentlich hatte Lana ja nicht vorgehabt so schnell wieder im Sattel zu sitzen, abgesehen von Ausritten. Aber irgendwas an Lucy hatte sie geradezu angestachelt. Die sah sich gerade nach Turnieren um, auf denen sie ihre ersten Springerfahrungen sammeln konnte. Eigentlich war ja Sophie mehr die Sprignreiterin, aber Lucy hatte sich ja unbedingt ein Springpferd anschaffen müssen. Nur weil ihre Stute an dem Hengst hing, als gäbs kein Morgen mehr.
Wie sie dann noch gelächelt hatte. Lana würde das ja nicht verstehen, sie war ja nur ein paar Turniere geritten und würde sich ja schon gar nicht mehr daran erinnern wie es war, wenn es um etwas ging… Oh, da kannte sie die junge Frau aber schlecht. Kurzerhand hatte sich die Brünette ein Turnier und ein Pferd rausgesucht und sich und einen der Youngster kurzerhand angemeldet. Lucy würde Augen machen wenn sie ihr den Ritt, den Safar auf Video aufnahm, vorspielen würde. Gut, Codo wahrscheinlich auch. Der Chef würde ja fragen wie sich die Pferde in seiner Abwesenheit verhalten hatten und er würde hoffentlich begeistert davon sein, dass sich Jack Ryan auch im Springen gut machte.
Also zumindest hoffte Lana das sehr stark. Denn viel Zeit zum trainieren hatten sie nicht gehabt und eigentlich war Jack nicht DAS Springpferd par excellance. Er machte seine Sache schon gut, aber nicht unbedingt herausragend. Er war kein Weltmeisterschaftspferd, zumindest jetzt noch nicht. Ob sich das noch ändern würde, das musste die Zeit zeigen.
Jetzt scharrte er zumindest erstmal mit den Hufen, als Lana anhielt und zum Springplatz rübersah, der in der Abendsonne erstrahlte. Ein schönes Setting, das musste sie wirklich zugeben. Außerdem hatte si der Weg hier in Delft nicht nur zum Turnierplatz geführt, auch hatte sie ein bisschen Sightseeing betrieben und sich den Bauch mit lokalen Köstlichkeiten vollgestopft. Doch, hierher zu kommen war die richtige Entscheidung gewesen, egal wie stressig es gewesen war.
Mit dunklem Wiehern riss der Hengst sie aus ihren Gedanken. “Jaaa… Du hast natürlich vollkommen Recht, mein Hübscher. Rumstehen können wir auch noch später.” Noch eine kleine Runde, bevor es Zeit war und sie den jungen Hengst in Richtung Springplatz lenkte. Zeit ihr bestes zu geben und allen zu zeigen, dass sie noch lange nicht das Turnierreiten aufgegeben hatte.
Das ist dann wohl ein klares Nein von Codo zu Kikis Wünschen Rehe zu halten…
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Was für ein wunderschöner Tag es war! Sophie fühlte sich geradezu frei. Albern um tänzelte sie ihre Schwester, im Takt eines klassischen Stückes, das aus ihren Kopfhörern drang. Verspielt ahmte sie Balletttänzer nach, was ihr nicht so wirklich gelingen wollte, auch wenn sie doch recht sportlich war. Allerdings war sie offensichtlich nicht dazu geeignet, auf Zehenspitzen zu laufen, denn immer wieder ging ihre Ferse gen Boden oder sie knickte im Fußgelenk um. Was sie nicht davon abhielt, weiter albern zu sein.
Lucy stellte den Sack ab, den sie gerade in die Futterkammer hatte räumen wollen und schüttelte den Kopf. Sie hatte ihren Zwilling schon länger nicht mehr so ausgelassen gesehen. Und das bedeutete zwangsläufig…
“Ok, wie lange dauert es dieses Mal bis irgendwas passiert?” Lucy drehte sich um und sah Sam und Rhodry wie sie wieder mal eine Wette abschlossen.
Es passierte viel auf dem Mühlenhof, aber manche Sachen änderten sich nicht wirklich. Und manche Sachen waren schon zu Naturgesetzen geworden. So wie dass, wenn Sophie gar zu albern wurde, es maximal eine halbe Stunde dauerte, bis über irgendeinen der Bewohner des Hofes ein Gewitter hereinbrach.
Und heute hatte Sophie wohl den Schnellzug für das Gewitter gebucht, denn kaum war sie um die Ecke gebogen, kam um die gleiche Ecke etwas zurück. Moony. Und die sah nicht gerade begeistert aus.
Moony war eigentlich ein gern gesehener Gast auf dem Mühlenhof. Schon als die Pferde noch Lucy gehört hatten und Codo auf Lucys Hof ein Dauergast gewesen war, war sie eine treue und verlässliche Partnerin gewesen, die man immer hatte um Rat fragen können und die auch jederzeit geholfen hatte, wenn etwas im Argen lag. Auch heute noch war sie eine der Reitlehrerinnen, die alle Reiter auf dem Hof trainierte und dank der man auf Turnieren relativ gute Erfolge erzielte. Leider bedeutete das auch, dass sie die Crew des Hofes schon sehr lange kannte – und bereits witterte, wenn man etwas vor ihr verbergen wollte.
Auch heute konnte man ihr direkt ansehen, dass sie witterte, dass etwas auf dem Hof nicht so lief wie man es gewohnt war.
Lucy machte sich gleich mal aus dem Staub, sie hatte keine Lust in irgendwas, was Codo schon wieder angestellt hatte, hineingezogen zu werden.
Auch Sam und Rhodry wollten sich bei Moonys Anblick verkrümeln, doch sie waren zu langsam. “Hiergeblieben.” kam es von Moony, mehr Feststellung als Befehl, denn sie wusste, dass die Jungs Befehle auch sehr gerne ignorierten, wenn es ihnen in den Kram passte.
“Ha…” Sam wurde abgewürgt. “Die Freundlichkeiten sparen wir uns heute mal. Wo sind eure Jungpferde?” Verdammt. Direkt zum Punkt den alle versuchten möglichst vor der Frau geheim zu halten, die ihnen erst den gesamten Plan mit dem Alterungstrank möglich gemacht hatte. Und bewusst gut versteckt, denn sie kannten Moony genausogut wie sie die Leute auf dem Mühlenhof kannte – und sie wussten dass Moony es gar nicht gefallen würde, was sie hier anstellten. “Die Jungpferde…” stammelte Rhodry bei dem Versuch Zeit zu gewinnen. “Sie sind nicht da. Und das nicht erst seit gestern. Das hab ich kontrolliert.”
War Moony jetzt etwa zum Detektiv mutiert? “Und ich bin nicht so verkalkt, dass ich nicht merke dass ihr etwas vor mir geheim haltet. Und den Fragen nach zu urteilen die Belenue mir damals gestellt hat, hat es definitiv was mit den Jungpferden zu tun!”
Jetzt war alles zu spät, das musste sich Sam eingestehen. Und er ahnte, dass das kein angenehmes Ende nehmen würde. Er hob die Hand und formte mit seinen Fingern das Peacezeichen. “Lass uns ein wenig spazieren gehen und ich erkläre dir alles. Aber lass auch Rhodry gehen, der hat damit nichts zu tun.”
Moony kniff die Augen zusammen und musterte die beiden Männer vor sich misstrauisch und nickte schließlich. “Gut.” Sie wandte sich direkt an Rhodry. “Versammel alle die mit der Sache zu tun haben im Garten!” Sam schluckte. Von seinem jetzigen Standpunkt zum Garten war es kein weiter Weg. Das hieß, er musste schnell und effizient berichten. Er suchte noch die Fakten im Kopf zusammen, während sein Kumpel schon los schoss, die anderen suchen und im Garten versammeln.
“Ich höre?” Moony ließ ihm echt nicht viel Zeit. Zögerlich machte er einen Schritt nach vorne. “Was weißt du denn bereits?” Moony schüttelte den Kopf. “Das Spiel spiele ich nicht. Ich will alle Infos, von Anfang bis Ende und zwar jetzt!” Sam nickte und holte einmal tief Luft, bevor er Moony zum Garten begleitete.
“Codo war das Warten Leid und außerdem hat er Potential in den Jungpferden gesehen, er war der Überzeugung, dass die Jungpferde sich langweilen, deswegen hat er Damek auf seine Seite gezogen und Belenue… Nun, nennen wir es überredet, ihm einen Alterungstrank für die Jungpferde zu brauen. Den verwenden wir jetzt schon seit einiger Zeit. Wir lassen die Pferde immer ein wenig altern, trainieren dann wieder Altes mit ihnen, bringen ihnen Neues bei, dann wieder Alterungstrank, und so weiter und so fort. Natürlich wollte Codo am liebsten gleich die ersten fünf Jahre überspringen, aber das funktioniert so nicht. Aktuell altern wir die Pferde immer Monatsweise. Also ein paar Tage Training, dann überspringen wir einen Monat. Aber Belenue hat schon gesagt, dass wir jetzt, nach dem anreiten langsamer werden müssen, denn sonst kommen die Pferde im Kopf wohl nicht hinterher.”
Inzwischen waren sie im Garten angelangt und Damek und Belenue standen schon bereit. Damek gefasst wie immer. Breitschultrig, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, Moonys Gesicht genau studierend ohne eine Regung zu zeigen. Belenue wirkte neben ihm umso schmächtiger, beinahe hätte er sich hinter seinem großen Kumpel verkrochen. Und das Gesicht zeigte genau eine Emotion – Panik.
Moony musterte die drei kurz und hob eine Augenbraue. “Da fehlt einer.” stellte sie mit einer Ruhe fest, welche die Männer noch mehr erzittern ließ. “Codo ist ja auch im Urlaub, in Japan.” “Ein Grund, kein Hindernis.“ stellte Moony fest und machte etwas, das sie inzwischen sehr gut konnte, dank der vielen Übungsstunden, die sie hatte den Guardians geben müssen. Innerhalb von Sekunden war ein Portal entstanden, durch das Moony einfach nur gelassen den Kopf durchstreckte und mit einer Hand Codo ergriff, der nicht ahnte, wie ihm geschah. Gerade eben noch hatte er sich darüber gefreut einen japanischen Tempel zu besichtigen – und im nächsten Moment stand er schon wieder zu Hause in seinem Garten, das Portal verschwand und er sah eine sehr wütende Moony die ihn unsanft neben seine Freunde schubste. “Wir sind aufgeflogen!” konnte ihm Sam grad noch zuflüstern, bevor Moony mit ihrer Standpauke begann.
“Ich wusste ja dass ihr zu Blödsinn in der Lage seid – doch wie tief ihr sinken könnt, das war mir wirklich nicht bewusst.” begann sie und ihre Stimme bebte vor unterdrückter Wut. “Als wäre es nicht schlimm genug dass ihr wisst dass ein solcher Eingriff in die Natur nicht richtig ist – ihr lasst euch von dem Kindskopf dazu auch noch einspannen?” Der Finger hätte Codo vermutlich aufgespießt, wäre dieser nicht einen Schritt zurückgegangen. Man sah die Wut in Moonys Augen lodern wie Feuer. “Ihr seid alle erwachsen und wisst wie falsch das war und keiner von euch kommt auf die Idee zu widersprechen oder Codo von seinem Plan abzubringen? Nein, stattdessen springt ihr alle mit in den Pool der Absurditäten hinein, wie ihr es immer tut!” Sie hatte ihre Hand inzwischen wieder zurückgezogen und starrte die Männer vor ihr wütend an. “Und natürlich denkt keiner an die Konsequenzen. Ihr hättet das magische Gefüge dieser Welt auseinanderbrechen können, ihr hättet irreparablen Schaden an Mensch und Tier anrichten können und das alles warum? Weil ein einzelner Dämon sich nicht gedulden konnte!” Die Männer sahen sich gegenseitig an und es war klar, dass sie schon fast erwarteten, dass Moony Codo mit einem Feuerstrahl grillte. In ihren Köpfen war die sonst so ruhige Frau zu einem Drachen mutiert, der knapp davor war, sie alle als zweites Frühstück zu verspeisen.
Doch Moony hatte sich wieder beruhigt. Sie schüttelte den Kopf. “Und dann spannt ihr mich auch noch mit ein, obwohl bestens bekannt ist, wie ich zu solchen Experimenten stehe!” sie schüttelte den Kopf. “Codo, was bist du? Ein Dreijähriger, der es nicht abwarten kann, seinen Keks zu kriegen?” Sie holte tief Luft. “Ich bin sehr enttäuscht von euch. Von euch allen! Aber am meistens von dir.”
Sie schnappte sich den Chef des Hofes, öffnete ein Portal und schickte den verdatterten Dämon zurück nach Japan. Dann schloss sie das Portal wieder und ließ die anderen drei einfach dort stehen, wo sie waren. Sie drehte sich um und ging durch ein weiteres Portal nach Hause.
Der Klingelton von Damek brach die unheimliche Stille und holte die drei aus ihrer Starre. “Codo.” meinte Damek ruhig und machte eine Handbewegung, als würde er Sam und Belenue verscheuchen wollen. “Macht euch nen Kakao und überlasst den Rest mir und Codo. Wir haben euch schon tief genug hineingezogen, den Rest regeln wir beide. Schlimm genug dass…” Damek seufzte. “Belenue, es tut mir Leid. Du warst von Anfang an dagegen und hättest mehr Hilfe gebraucht als nur Sam. Ich hab dich im Stich gelassen. Verzeih mir.”
Sam sah von Belenue zu Damek und wieder zurück. Was war das denn jetzt? Damek der von Anfang an hinter Codo gestanden hatte, entschuldigte sich nun bei Belenue? So als würde da viel mehr dahinter stecken? Und Belenue nickte nur und bedeutete Sam ihm zu folgen? Na das würde noch ein sehr interessantes Gespräch in der Küche nach sich ziehen.
Damek nahm den Anruf an. “Wir sind also aufgeflogen.” stellte er mit ruhiger Stimme fest, während er schon fast hörte, wie Codo drüben in Japan mehr und mehr durchdrehte. “Und jetzt?” den jämmerlichen Tonfall hatte er schon lange nicht mehr gehört.
“Jetzt hast du zwei Möglichkeiten. Entweder du machst weiter und machst dir Moony zum Feind, oder du stellst das Alterungsprogramm ein.”
Eigentlich so einfach, aber nach dem Erlebnis gerade war Codo nicht mehr in der Lage klar zu denken. “Und welche Möglichkeit wähle ich?”
Damek seufzte. Auch wenn er immer so tat, eigentlich hatte Codo sich kein Stück verändert. Er war immer noch nicht dazu bereit, den Posten des Anführers vollumfänglich auszuüben.
“Du willst Moony nicht als Feindin haben. Das ist es nicht wert und du hast auch sonst genug um die Ohren, auch ohne eine wütende Moony im Nacken. Außerdem, müssen wir denn wirklich die Pferde künstlich altern? Wir haben mehr als genug Reitpferde die bewegt werden wollen. Die werden nicht von heute auf morgen tot umfallen.”
Dameks Rationalität beruhigte Codo etwas. “Dann müssen wir uns selbst gegenüber aber auch ehrlich sein. Wir sind kein Verkaufsstall, sondern nur ein mittelmäßiger Turnierstall. Eigentlich brauchen wir nicht so viele Pferde, bei denen wir sowieso langsam das Problem haben, dass wir nicht genug Reiter haben um alle Pferde komplett auszulasten. Dann sollten wir auch die Zucht einstellen. Wenn wir ein neues Reitpferd haben wollen, können wir ja auch welche kaufen.”
Das klang sehr vernünftig und Damek nickte, bis ihm einfiel, dass Codo ihn ja nicht sehen konnte. “Da hast du vollkommen Recht.” bestätigte er Codos Gedanken. Codo biss sich auf die Unterlippe und nickte bedächtig, bevor er seine finale Entscheidung verkündete. “Gut. Dann keine Fohlen mehr und das Alterungsprogramm stellen wir auch ein.”
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Und während sich Codo noch von seinem Urlaubsschock erholt, geht es natürlich mit der Turniersaison weiter! Die European Masters sind in Italien und Sophie und Lucy geben dort ihr bestes!
Zeit für ein neues Kapitel der Mühlenhof Story!
Folg Codo in die Vergangenheit einer guten Freundin, die nicht nur bei Codo eine unschöne Seite hervorbringt.
Trigger Warnung: Mobbing, Straftaten
Codo war schon irgendwo klar, dass er jetzt tief in der Klemme steckte und es irgendwie schaffen musste sich bei Moony zu entschuldigen. So sauer hatte er sie noch nie erlebt.
Aber erst einmal mussten seine antrainierten Pferde nach Hause kommen, die es sich bei seinem Kumpel in den Black Cinnamon Stables hatten gut gehen lassen. Zumindest mehr oder weniger, soweit er gehört hatte hatte es den ein oder andren nicht allzu ernsten Zwischenfall gegeben – Snake war auf mindestens eins der Pferde nicht mehr allzu gut zu sprechen.
Daran musste Codo denken als er mit Grinsen auf dem Gesicht durch das heimische magische Portal hinaus in die Wüste trat. Wie immer tat BCS sein Bestes, den Besucher zu beeindrucken. Aus der Trainingsarena drangen geschäftige Geräusche, doch Codo wusste, dass er diesmal den Nachbau des römischen Kolosseums gar nicht erst betreten brauchte, auch im eleganten Haupthaus würde Alec nicht zu finden sein. Auch wenn Codo nicht anders konnte als von der imposanten Eingangstür angezogen zu werden, die über den Treppen trohnten, die in einem Halbrund dazu einluden sie mit wenigen Sprüngen zu überwinden und es sich dann unter dem Vordach, das einer Muschelhälfte nicht unähnlich sah, zu warten, bis die elegante Eingangstür geöffnet wurde.
Nein, heute ging es direkt in den Stall.
Natürlich hätte er das Portal auch direkt im Stall öffnen können, aber erstens wäre das einem Überfall gleichkommen, seiner Meinung nach, außerdem liebte er es durch den weichen Sand zu schlendern, auch wenn man dafür schon beinahe einen Sonnenschirm brauchte, und sich an den hübschen Gebäuden zu erfreuen.
Während es auf dem Mühlenhof noch kühl war und es sogar immer mal wieder Schnee zu Boden schaffte, war es mitten in der Wüste gewohnt heiß und Codo schritt schnellen Schrittes in den hellen und geräumigen Stall, in dem seine Pferde schon auf ihn warteten.
Also – in seinen Wunschträumen. In der Realität standen sie in den geräumigen Boxen, die nach vorne hin in einem Halbrund endeten und dösten vor sich hin.
Codos zerschlagene Träume waren wohl auf seinem Gesicht abzulesen, denn Alec lachte belustigt als er seinen Freund sah. “Hattest wohl nicht erwartet dass die Pferde sich so schnell hier einfügen?” Codo grummelte nur etwas unverständliches und begrüßte seinen Freund.
Selbstverständlich waren seine Pferde in gutem Zustand und und gut antrainiert. Eineinhalb Wochen waren sie jetzt im Training und sie sahen fantastisch aus. Codo seufzte bei dem Gedanken dass es bedeutete dass sie jetzt zu Hause mehr Arbeit haben würden, die Tiere vollständig auszubilden.
“Hallo? Jemand zu Hause?” holte Alec ihn in die Gegenwart zurück.
“Hmmm?”
“Ich wollte wissen ob dus eilig hast und nur einen kurzen Bericht willst, oder ob du alles ausführlich wissen willst.” Alec hob fragend eine Augenbraue und Codo seufzte nur schwer.
“Was geht in deinem verwirrten Köpfchen denn nun schon wieder vor? Ist es wegen dem Ärger mit Moony?” wollte Codos Freund wissen und Codo schüttelte den Kopf. “Nein… Also… Nein, nicht nur.” Nun grummelte Alec. “Junge, jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen! Was ist denn los?”
Ein Gedanke schlich durch Codos Gehirnwindungen und blinkte immer mal wieder auf wie eine kleine Signallampe. Und eigentlich war der gar nicht so blöd.
“Was ist jetzt?” drängelte Alec ungeduldig. “Bist du mit unsrer Arbeit nicht zufrieden oder was?” Ein Grinsen stahl sich auf Codos Gesicht. “Doch, mehr als zufrieden! Sogar so zufrieden, dass ich dich bitten möchte meine Jungpferde ganz auszubilden!”
Alec hielt in der Bewegung inne. “Du bist dir der Konsequenzen bewusst?” fragte er misstrauisch. “Dass die Ausbildung teuer ist? Ja klar. Geld ist genug über, also zumindest wenn man Arcale glaubt, die mich gerade dazu drängen will ein ganz exklusives Reitzentrum zu kaufen. Irgendwas mit Steuern sparen.”
Seitdem er seine Firmenzentrale nach Deutschland verlegt hatte lag ihm Arcale ständig in den Ohren er müsse seinen Gewinn minimieren um Steuern zu sparen. Dementsprechend musste er die ganze Zeit entweder etwas kaufen, etwas reparieren oder ließ massig Geld irgendwo für etwaige Dienstleistungen. Nicht zu vergessen die ganzen Gehaltserhöhungen seiner Leute! Manchmal fragte er sich, woher das ganze Geld eigentlich kam, aber egal wie viel er ausgab, ausgehen tat es nicht.
Alec war verwundert, zuckte aber nur mit den Schultern. Er kannte Codo eigentlich als eher sparsamen Menschen, aber das hatte sich geändert seit dieser in einige Geschichten verwickelt worden war von denen er nur am Rande erzählt hatte. Außerdem – hatte er nicht irgendwas von Aktien erzählt? Aber das trat jetzt erstmal in den Hintergrund. Was hatte er da gehört? Codo wollte sich ein teures Reitzentrum kaufen? “Erzähl mir mehr über deine Anschaffungspläne.” forderte er seinen Freund auf, während er ihn sanft aus dem Stall herausbugsierte. Sowas besprach man am besten bei einem kühlen Getränk im Büro.
“So viel weiß ich selber noch nicht, ich hab mir das Exposeé noch nicht angesehen. Ich weiß nur, dass es exklusiv ist, zum Verkauf steht und dass es mir gefallen wird.” meinte Codo und zuckte leicht verloren mit den Schultern.
“Hervoragend.” Alec rieb sich die Hände. “Dann können wir es uns ja gemeinsam ansehen und überlegen ob du es dir zulegen solltest oder nicht.” Er hielt kurz inne. “Aber bevor ich es vergesse – was ist jetzt eigentlich nach der Standpauke von Moony rausgekommen? Planst du weiter zu machen oder nicht?”
Codo schüttelte den Kopf. “Das lohnt den Stress nicht wirklich. Ich stelle das Projekt ein.”
Alec ließ ein erleichtertes Seufzen vernehmen. “Das ist sehr gut.” Nun war es an Codo, seinen Freund mit hochgezogener Augenbraue anzusehen. “Keine Sorge, den Pferden gehts soweit gut. Allerdings… Sind sie doch ein wenig merkwürdig. Körperlich haben sie kein Problem mit dem Training, da passt alles. Aber geistig… Das hat nicht so richtig mitgezogen. Im Kopf sind sie noch mächtig hinterher.” Codo biss sich auf die Lippe und kaute nachdenklich darauf herum. “Blöd gelaufen.” sagte er schließlich. “Aber ich denke, damit werd ich jetzt leben müssen.”
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Nachdem sich Codo das Esposé mit seinem Freund angesehen hatte, brannte er darauf sich das Reitzentrum in echt anzusehen. Arcale hatte nicht zu viel versprochen, von dem was er gesehen hatte, hatte es ihm außerordentlich gut gefallen und so hatte er einen Besichtigungstermin vereinbart.
Alleine.
Wie sehr sie ihm alle in den Ohren gelegen waren doch mitkommen zu dürfen! Doch von dem was er auf den Bildern gesehen hatte, wusste er ganz genau dass er dieses Juwel alleine genießen wollte. Zumindest das erste Mal. Denn eigentlich stand seine Entscheidung schon fast fest. Wenn es wirklich so war wie auf den Bildern, dann MUSSTE er dieses Reitzentrum haben, da führte kein Weg daran vorbei.
Und so stand er jetzt an einem kleinen unscheinbaren Dock irgendwo im nirgendwo an einer Küste, deren Namen er sich nicht gemerkt hatte. Er wusste aber zumindest dass er in Italien war und sich das Reitzentrum auf einem künstlichen Inselkomplex zwischen der italienischen und der griechischen Küste befand. Im Mittelmeer.
Schön, da ware es zumeist sehr sonnig und wirkliche Stürme hatte man, soweit er wusste auch nicht. Kamen die nicht eher auf dem Pazifischen Ozean vor, der wesentlich größer war? Ein Schiff, das anlegte unterbrach ihn in seinen Gedanken. Er würde sich mit dem Thema also später beschäftigen müssen.
Er wurde herzlich willkommen geheißen und zu seiner Überraschung ließ der Kapitän verlauten Codos Geschäftspartner ließe sich entschuldigen. Er würde ihn auf der Insel erwarten. Codo wurde mulmig zu mute, er hatte gehofft sich mit einen Gespräch vom Wellenschaukeln ablenken zu können, bekam er doch so schnell die Seekrankheit!
Offenbar sah der Kapitän die Enttäuschung in Codos Gesicht und lud ihn zu sich auf die Brücke ein, um die Fahrtzeit Gesellschaft zu haben. Und die Gesellschaft tat auch Codo gut. Nicht nur dass er schon im Vorfeld etwas über den Verkäufer erfuhr, auch tauchte er ein klein wenig in die Welt der Reichen und schönen ein, als der Kapitän darüber sprach, wer ihn und seine Yacht so im allgemeinen buchte. Codo war erstaunt. Er hatte immer gedacht, wer eine Yacht hatte, hatteeinfach das Geld die Crew und den Kapitän das ganze Jahr über zu bezahlen. Mietyachten, das war etwas das er nie für möglich gehalten hätte. Allerdings hätte er sich das eigentlich denken können, kam es ihm, als er daran dachte dass er für seinen Flug nach Japan Lana einfach hatte eine Gulfstream mieten lassen. Natürlich ohne Pilot, denn Lana war selber geflogen. Kiki hingegen war inzwischen eine echte Wasserratte geworden und beherrschte alle Arten von Booten. Wenn er also mal eine Yacht mieten wollte, um anzugeben oder ein spezielles Dinner mit wichtigen Gästen zu haben, dann würde er sich vielleicht eine Yacht mieten können und Kiki konnte sie steuern? Er musst bei dem Gedanken lächeln. So ganz war das mit dem dass er jetzt eigentlich nicht mehr sparen musste, noch nicht in seinem Kopf angekommen.
Der Kapitän unterbrach die Plauderei und machte Codo darauf aufmerksam was vor ihnen lag. Sie hatten ihr Ziel fast erreicht und langsam wurde der Motor gedrosselt und sie passierten den äußersten Ring, auf dem die Cross Country Strecke lag und dessen Enden mit jeweils einem kleinen Wald bepflanzt worden waren. Gut für die Klimabilanz und vermittelte bei der Einfahrt als erstes Mal etwas Ruhe und Gelassenheit, wenn man sich vorstellte dort einen kleinen Ausritt zu machen.
Auf dem zweiten Ring der Anlage befanden sich die Ställe und Koppeln und so langsam war Codo klar woher der Erbauer seine Ideen genommen hatte – und warum er diese künstliche Insel Atlantis genannt hatte.
Während die Weiden komplett in blau eingezäunt waren und das frische Gras in der Sonne glänzte und der Tau noch nicht ganz verdampft war, waren die Ställe schon von außen beeindruckend. Unter dem blauen Giebeldach befand sich an den Seiten eine Verglasung, die wohl genug Sonnenlicht hineinließ um den ganzen Stall zu erhellen. Die Fenster endeten knapp über den breiten, blauen, hölzernen Stalltüren, die, wie Codo wusste, zur Seite verschiebbar waren. Die Schienen für das Rolltor waren in die Wand hineingelassen und fielen nur ins Blickfeld, wenn das Auge explizit danach suchte.
Als das Schiff weiter fuhr, konnte Codo auch noch einen Blick auf die Außentüren der Boxen werfen, welche ebenfalls aus blauem Holz waren und bei denen sich der obere und untere Teil jeweils seperat öffnen ließen.
Schon schwenkte Codos Kopf wieder nach vorn und sein Blick fiel auf das Hotel, das auf der runden Inselmitte thronte. Eingerahmt von vier weißen Reithallen mit blauen Dächern in die Dachfenster eingelassen waren, stand das Hotel schön in der Mitte und erstrahlte in weiß, welches nur durch blaue Fensterrahmen und die blaue Eingangstür durchbrochen war. Blau und weiß war das Farbschema ganz offensichtlich, jedoch nicht plump zusammengestellt, sondern sehr elegant in der Ausführung. Manch einer hätte gesagt, es sei zu viel Prunk und Protz, doch Codo fand, dass es genau das richtige Maß war um die komplette Insel elegant wirken zu lassen, jedoch ohne zu sehr anzugeben.
Erleichtert hüpfte Codo auf den Anlegesteg, als das Schiff noch nicht einmal ganz vertäut war. Mit freudlichem Lächeln bedankte er sich beim Kapitän und ließ sich wie von einer Schnur gezogen, von seiner Neugier zur Eingangstür des Hotels leiten. Ansich hätte er auch dem Weg nach rechts folgen können, der hätte ihn zu den Reithallen und Reitplätzen gebracht, aber er war gespannt was sich hinter der Tür verbarg. Welche Schätze mochte das Hotel bereithalten?
Vorsichtig öffnete er die eine Hälfte der Doppeltür mit Hilfe des silbrig glänzenden Türgriffs. Von irgendwo im inneren war eine hektische Stimme zu hören, die mit jemandem zu telefonieren schien. Nun, die Person, der die Stimme gehörte, hatte vermutlich nichts dagegen, dass Codo sich selbst hineinließ und so schloss er die Türe hinter sich und sah sich um.
Der Eingangsbereich war hübsch und praktisch zugleich. Mit Marmorboden ausgekleidet konnte der Raum als alles mögliche dienen. Pompöse Eingangshalle, großer Speisesaal oder auch Bälle würde man hier abhalten können. Jedoch, im Gegensatz zu einem Schloss, dessen Eingangshalle meist Zweistöckig, mit einer ausladenden Treppe in den zweiten Stock war, war diese Eingangshalle nur einstöckig, mit eindrucksvoller Wand und Deckenbemalung. Während an den Wänden munter Fische durch Korallenriffe schwammen, Meerjungfrauen und -Männer verstecken in Schiffswracks verstecken spielten und hier und da ein Delfin über die Wand schwamm, sah die Decke aus, als würde man wirklich von unten auf die Wasseroberfläche blicken. Gut gemalt und da, wo Lichter in die Decke eingelassen waren, sah es so aus, als würden Sonnenstrahlen das Wasser von oben glitzern lassen.
Beeindruckend.
“Hallo!” Codo wurde jäh aus seiner Bewunderung gerissen, hatte sich aber schnell wieder gefangen. “Ihnen gefällt was sie sehen?” Codo nickte begeistert, nahm die dargebotene Hand und schüttelte sie kräftig. “Codo Macaulay” “Sylvain Tixier” stellte sich Codos Gegenüber vor. Ungefähr 1,80 Meter groß, dunkle Haare, einen leichten, gut gepflegten Bart und haselnussbraune Augen, die Codo anlächelten. Sylvain trug ein hellbrlaues Hemd mit dunkelblauer Krawatte, darüber einen grauen Anzug mit dazu passender Hose und die feinen Wildlederschuhe in hellbraun passten sehr gut zum Gesamtoutfit. Codo war neidisch. Gerne hätte er auch so schick ausgesehen, aber er hatte einfach keinen Sinn für Mode. Bei ihm hatte es maximal zu einer sauberen Jeans, einem Hemd und eine hellbraune Anzugjacke darüber gereicht und jetzt kam er sich vor wie ein kleines Kind, das versucht, die Eltern nachzumachen. Innerlich seufzte er. Gut, daran war jetzt nichts mehr zu ändern.
“Dieser Saal hier ist ja der Hammer!” staunte Codo. “Wenn der Saal schon so aussieht, wie sehn dann erst die einzelnen Zimmer aus?” Sylvain lächelte. “Die können wir uns gerne ansehen.” meinte er und wies Codo den Weg nach rechts, zu einem Aufzug, den Codo am Anfang gar nicht bemerkt hatte. Schnell waren sie im Aufzug verschwunden, der nicht ganz so glamorös war, wie Codo vermutet hatte. Eine Wand verspiegelt, ein silberner Handlauf rundherum und ansonsten in blau metallic gehalten.
In wenigen Sekunden waren sie in der oberen Etage, wo sie in einen hübsch gestalteten Gang hinaustraten. Hier sah es aus, als befände man sich auf einem alten Schiff. Alles mit echtem Holz verkleidet und gut ausgeleuchtet, führte der Weg einmal rundherum und zu den einzelnen Zimmern. In der Mitte war ein kleines Becken in den Boden eingelassen, das, schön bepflanzt, einigen Kois ein Zuhause bot. Sylvain öffnete eine der Zimmertüren, als sein Handy klingelte und er den Anruf sichtlich verärgert wegdrückte. Codo schenkte dem ganzen keine Beachtung, zu sehr war er von den Kajüten gefangen, wie er die Schlafzimmer in seinem Kopf automatisch bezeichnete.
Rechts befand sich ein Badezimmer, während links zwei Betten herunterklappbar waren. Geradeaus war ein großes Fenster, das eine fantastische Aussicht bot. Codo ging zwei Schritte vorwärts und entdeckte dass es hinter dem Bad noch nach rechts ging und die Nische Platz genug für ein Doppelbett und einen Schrank bot. Gegenüber des Doppelbettes stand noch ein schmucker Schreibtisch über dem ein moderner Flachbildfernseher an der Wand hing. “Sehr hübsch, aber doch etwas geräumig, gerade für Reiter die meistens eher alleine reisen und maximal ihre Pferde dabeihaben…” meinte Codo zweifelnd, was Sylvain zum lachen brachte. “Das hier sind die Hotelzimmer für die nicht reitenden Gäste, die Standard Ausführung. Die Reiter sind im zweiten Ring, unter den Ställen untergebracht.” “Unter?” Codo sah Sylvain fragend an. “Ja, unter der Insel, mit schönem Ausblick ins Meer hinein. Oder, je nachdem auf welcher Seite man ist, mit Ausblick auf die Rennbahn.”
“Und die Luxussuiten aus dem Exposé?” fragte Codo verwundert. “Die haben leider nicht mehr unters Hotel gepasst, deswegen sind die im äußeren Ring untergebracht, unter den Waldstücken. Daran anschließend haben wir die Rennbahn, umgeben vom Korallenriff.” erklärte Silvain und Codo schoss auf den Flur hinaus. “Das muss ich sehen. Alles. Sofort!” Er fühlte sich wie ein kleines Kind an Weihnachten. Und das alles sollte ihm gehören!
Silvain grinste und deutete auf den Aufzug in den Codo fast schon hineinhopste. “Die Küche, die Zimmer fürs Personal und die Waschküche sowie die Lager liegen dann wahrscheinlich auch unter der Meeresoberfläche?” fragte Codo begeistert und sein Begleiter nickte. “Wobei wir nur wenig Zimmer für die Servicekräfte eingeplant haben, bei uns erledigen vieles Roboter.” “Effizient!” kam es von Codo und er folgte Silvain aus dem Aufzug hinaus in eine Art Vorhalle, die ein atemberaubendes Panorama an der einen Seite preisgab. Ein wunderschönes Korallenriff, in dem sich viele Fische tummelten erstreckte sich vor dem Fenster. Silvain deutete auf eine weitere Tür und Codo hob fragend die Augenbraue. Sollte er von hier aus etwa zu den Zimmern kommen?
Er folgte Silvain durch die Tür und fand sich in einer Art Gondel wieder, die gestaltet war wie ein Salon. Mit bequemen Sesseln zum Platz nehmen, Holzverkleidung und sogar ein echtes Bücherregal hatte hier Platz gefunden. Silvain bedeutete ihm Platz zu nehmen und Codo setzte sich in einen der Sessel. Silvain betätigte einen Knopf und sie begannen sich seitwärts zu bewegen. Vor Codos Augen ging ein Panoramafenster auf und ließ ihn aufs Meer hinaus blicken. Augenblicklich fühlte er sich wie Captain Nemo. Am Fuße der Kontruktion war ein gewaltiges Korallenriff eingelassen, das man gut beobachten konnte, während sich die Gondel mit mäßiger Geschwindigkeit bewegte.
Codo staunte nicht schlecht, doch als in einiger Entfernung ein Orca zu erkennen war, gab es kein Halten mehr. Er sprang auf und musste sich davon abhalten, seine Nase gegen die Scheibe zu pressen. “Sind die öfter hier?” fragte er begeistert. Silvain nickte. “Ist ein Schutzgebiet hier, ein privates. Sämtliche Meerestiere halten sich hier gene auf, weil sie hier zwischen den Ringen Schutz und Ruhe finden.”
Viel zu schnell ging das Fenster wieder zu und sie standen schon in der Eingangshalle der Luxussuiten. Hier war von Silber nichts mehr zu sehen, auch nichts mehr von blau. Hier war alles aus edlem Mahagoni, die Wände getäfelt und über der Täfelung eine Tapete mit satter, dunkelroter Farbe. Alles was Metall war, glänzte golden.
Codo öffnete eine der Türen und trat in eine kleine Wohnung. Ein kleines Foyer das in ein Wohnzimmer mündete, das im maritimen Stil eingerichtet war. Vom Wohnzimmer aus kam man in das Kinderzimmer, sowie in das Elternschlafzimmer, alle drei Räume mit riesigen Fenstern von wo aus man das Meer und alles was dort herumschwamm gut beobachten konnte. Beide Schalfzimmer waren mit je eigenen Badezimmern versehen und Codo kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. So viel Luxus überall! Bedächtig schritt er überal hindurch und öffnete dann mit einem Ruck die Tür zurück in den Gang.
“Sylvain, ich will ehrlich sein. Gekauft hab ich das schon. Aber ich bin kein reicher Multimilliardär, der sich sowas als Liebhaberobjekt kauft. Ich bin Geschäftsmann. und als Geschäftsmann weiß ich, dass hier mehr dahinter stecken muss als ein einfacher Bankrott. Sowas stellt man nicht auf die Beine, in dem ein paar Millönchen in die Hand nimmt und hofft es wird gut. Was ist hier schiefgelaufen dass du verkaufen musst und wird es mich irgendwie belasten?”
Sylvain seufzte und folgte ihm auf den Gang hinaus. “Lust dir eine Geschichte anzuhören während ich dir den Rest zeige?” Codo nickte und folgte Silvain den Gang entlang.
“Du hast vollkommen Recht mit deiner Vermutung. Alleine hätte ich das nie auf die Beine gestellt. Doch Dank den Verbindungen meiner großen Schwester, hatte ich genügend Sponsoren um das alles zu verwirklichen. So sah es zumindest aus. ich hatte unterschriften auf Verträgen, ich hatte Zusicherungen, ich hatte Prinzessinmen in meinem Büro stehen, die in Tränen ausbrachen, sich bei meiner Schwester entschuldigten und meinten sie wollten wieder gut machen, dass sie meine Schwester in der Schule gemobbt hatten. und als all das hier fertig war, wurde mir Urkundenfälschung vorgeworfen, Anwälte rannten mir fast die Tür ein und ich wurde ausgelacht als ich daran erinnerte was meine Schwester durchgemacht hatte. Also, das ist so die Kurzfassung. Ich kann dir gerne die Ordner überlassen in denen die Unterlagen zu den Gerichtsverfahren sind. Da steht alles nochmal wesentlich ausführlicher drin.” Sylvain beschleunigte seine Schritte, und ihm war die Wut anzumerken. “Natürlich hätte ich denen auch einfach all das hier überlassen können, aber auch ich hab meinen Stolz. Ehe irgendwas von all dem hier in deren Hände fällt, verkauf ich das lieber. Zu einem weitaus geringerem Preis als ich eigentlich verlangen könnte, aber ich will, dass diese Monster keinen Cent davon sehen. Und wenn ich dabei wirklich bankrott gehe und wir alles verlieren was wir je besessen haben – das ist es mir wert.”
Codo hielt Sylvain auf in dem er ihn an der Schulter packte. “Jetzt warte doch mal, so bist du doch komplett außer Atem, so kann ich ja die Hälfte von dem, was du erzählst kaum verstehen!” er öffnete eine der Türen und bugsierte Sylvain hinein. “Und jetzt nehmen wir erstmal Platz und du erzählst mir was es mit deiner Schwester und den Prinzessinen auf sich hat. Das hört sich ja fast so an als wäre das alles geplant gewesen, einfach nur um deiner Schwester quasi den Todesstoß zu versetzen.”
Sylvain ließ es mit sich geschehen und sank auf das blaue Sofa. Er sank in sich zusammen und wurde vom Geschäftsmann zu einem gräulichen Häufchen Elend in schmücken Anzug.
“Ich habe keine Beweise dafür, aber ich unterstelle den Leuten genau das.”
Codo ließ sich in einem Sessel gegenüber Sylvain nieder und nickte beruhigend. “Ich weiß wie schlimm und weitreichend Mobbing seinkann und wie grausam Menschen sein können wenn es darum geht, Macht zu gewinnen und aufrecht zu erhalten. und ich weiß wie sehr die Opfer darunter leiden. Aber in diesem Ausmaß hab ich das noch nicht mitbekommen. auf was für einer Schule war deine Schwester denn dass sie solch reiche Adelsfamilien kennt?” wunderte sich Codo. Sylvain saß da wie versteinert. “Es war ein Mädcheninternat in der Schweiz. Ich weiß kaum etwas darüber was damals passiert ist, nur dass es aufgehört hat, nachdem die Zwillingsschwester einer Mitschülerin eines Nachts in der Schule eingebrochen ist und dafür gesorgt hat dass die Schülerinnen zu viel Angst hatten weiter zu machen.”
Codo stockte der Atem. Die Geschichte kannte er. Also zumindest Ausschnittsweise.
“Wäre deine Schwester denn bereit zu erzählen was damals passiert ist?” Mit der Frage holte er Sylvain aus seiner Verbitterung. “Ich… ich glaube nicht. Ich meine, sie hat ja auch mir schon nicht davon erzählt. Wieso einem völlig Fremden?”
Codo versuchte seine Aufregung zu zügeln. “Weil ich in der Hinsicht kein “Fremder” bin. Ich kenne die Geschichte mit dem Einbruch in die Schule auch, zumindest teilweise. Ich kenne sie von den beiden Schülern, die damals dort eingebrochen sind. Die arbeiten heute für mich.” Sylvain klappte die Kinnlade nach unten. “Dann…” er rang nach Atem. “Dann müsstest du ja auch Lucy Lainely kennen!” Codo grinste. “Lucy Amanda Lainely, Schulkameradin deiner Schwester. Hat inzwischen Jura studiert und arbeitet als meine Firmenanwältin für mich. Ihre Schwester, Sophie Tabitha Lainely und ihr Verlobter Samuel Logan arbeiten beide für mich als Turnierreiter.” Codos Gegenüber sank noch tiefer in das Sofa und es schien als falle eine Last von seinen Schultern. Er holte sein Handy raus und rief jemanden an. “Florette? Ja, ich bin noch mit dem Käufer hier. Ja, er hat bereits zugesagt zu kaufen. Aber… Flo? Ich weiß, dass du in der Schulzeit unaussprechliches durchgemacht hast und nicht gern darüber redest. Ich bin aber der Meinung, dem Käufer solltest du erzählen was damals gewesen ist. Warum? Weil Herr Macaulay der jetzige Arbeitgeber deiner Schulkameradin von damals ist. Du weißt schon. Von dem Lainely Mädchen, deren Zwillingsschwester damals bei euch in der Schule eingebrochen ist. Ja, von Lucy. Und ihrer Zwillingsschwester Sophie. Und deren Verlobten.” kurzes Schweigen, dann machte Sylvain den Lautsprecher an und legte das Handy auf den Tisch.
“Hallo?”
“Hallo Florette! Ich hoffe ich darf sie so nennen?” fragte Codo höflich und versuchte seine Stimme so warm wie möglich klingen zu lassen. “Sie können mich auch gerne Codo nennen.” “Und du bist wirklich Lucys Boss und auch der von Sophie?” erklang Florettes Stimme misstrauisch aus dem Handy. “Und der Boss von Sophies Verlobten Sam. Der war damals auch mit dabei.” Florette taute auf. “Ich erinnere mich an ihn. Ich habe nie wieder jemanden so böse gucken sehn wie diesen Jungen damals.” Codo grinste. “Dann muss es ernst gewesen sein. Den bösen Blick hat er nur für besonders schlimme Situationen reserviert.” Man hörte heftiges Atmen durch die Telefonleitung. “Aber du erzählst das auch niemandem weiter? Wenn das rauskommt, wenn rauskommt dass ich den Mund aufgemacht habe, dann bin ich tot.”
Das klang so bestimmt, dass es Codo kalt den Rücken hinunter lief. Wer hatte sich da nur so ein Netzwerk aufgebaut dass man erwachsene Personen so ängstigen konnte. “Ich verspreche es.” meinte Codo und fing an der grausamen Geschichte zu lauschen, die durch das Telefon erklang.
“Am Anfang war das alles gar nicht so schlimm. Nur ein paar superreiche Zicken auf der Schule, die meinten den Großkotz raushängen zu lassen. Immer die neuesten, besten Klamotten, alle halbe Jahr ein neues, fantastisches Turnierpferd im Stall stehen. Oh wie glücklich man sich schätzen durfte, ab und an für die feinen Tiere zu sorgen, sie zu reiten, wenn ihre Besitzerinnen keine Zeit hatten. Das war was anderes als die normalen Pferde die wir nicht so reichen Mädchen hatten. Ab und an haben die superreichen einem auch die Pferde zum Vorzugspreis zu kaufen angeboten, dann hatte man auch so ein supertolles Pferd, wenn man es sich leisten konnte. Dann schnitten wir bei den Turnieren besser ab und brachten mehr Ansehen für die Schule. Die Erwachsenen waren begeistert wenn wir das Prestige steigerten und gut über die Schule redeten. Dann waren sie auch super freundlich zu einem, drückten auch mal ein Auge zu, wenn man länger aufbleiben wollte, sich mal am Abend in der Stadt aufhalten wollte oder mal zu einer späten Vorstellung ins Kino wollte. Dann hatte man ein super Leben.” Florette unterbrach und Codo konnte richtig hören wie sie sich sammelte. “Aber auch Nettigkeiten hatten auf der Schule ihren Preis. Erst fing es ganz langsam an. Dann musste man halt mal die Hausaufgaben übernehmen, oder das Pferd der Superreichen versorgen wenn es sich mal verletzt hatte. Oder die Schelte einstecken, wenn die feinen Damen wieder was ausgefressen hatten, es aber nicht gewesen sein wollten. Das wäre ja noch zu verkraften gewesen. Jedoch…” Florette schluckte lautstark. “Irgendwann war es den hohen Damen nicht mehr genug. Sie pflegten Wochenends am Nachmittag eine Teeparty abzuhalten. Und wenn man sich mit ihnen gut stellte und mit ihnen befreundet war, hatte man die Ehre mit ihnen an einem Tisch sitzen zu dürfen und mit Te zu trinken udn die leckeren Schnittchen und Kuchen mit ihnen zu essen. Stand man in ihrer Gunst nicht so weit oben, dann… ja dann hatte man eine andere Rolle zu erfüllen. Dann durfte man den feinen Damen den Tee zubereiten und bringen. Natürlich haben die Erwachsenen weggesehen, wenn wir in unsren Dienstmädchenkleidern durch die Gegend liefen. In den verhassen schwarzen Kleidern mit den weißen Schürzen. Oh, und wehe der feine Tee hatte die falsche Temperatur oder man hat den Tisch nicht nach der Vorstellung der Damen gedeckt – dann hat man mit der Reitpeitsche eins drüber gezogen bekommen. Weinen war nicht. Hast du irgendeine andere Regung als Dankbarkeit gezeigt, dass deine Prinzessin dich zurechtwies und dir die Regeln beibrachte, dann konntest du sicher sein, dass du die nächsten Tage deinen Rücken nicht zeigen konntest. Auspeitschen war eine sehr beliebte Strafe damals.”
Codo zog die Augenbrauen hoch. Ja, auch er hatte schon das ein oder andere gehört und auch von Sophie und Lucy mitbekommen, dass das Leben, nur weil du in einer fortschrittlichen Welt aufwachsen darfst, nicht unbedingt ein Zuckerschlecken war. Aber Florette sprach hier von Kindern. Kindern, die andere Kinder auspeitschten, nur um diese zurechtzuweisen und in ihr abartiges Wertesystem zu pressen. Das war auch für ihn zu viel.
“Und selbstverständlich hatten die feinen Damen auch Bedienstete die ihnen beim ankleiden halfen oder sonst auch lange Zeit in ihren Zimmern zu verbringen hatten… Denn – wie drückte es eine der Prinzessinen mal so treffend aus? “Man will die Nacht ja nicht alleine verbringen!”. Selbstverständlich haben alle davon gewusst, aber für das extra Geld das manche Familien gezahlt haben, haben alle Erwachsenen weggeschaut.”
Sylvain sah aus als würde er zwischen Selbstmord und Mord schwanken. Codo versuchte sich in einer beruhigenden Geste. Natürlich war das alles schlimm, aber es half niemanden wenn er jetzt ausrastete. Codo bemühte sich um eine neutrale Stimme.
“Und Sophie hat dem Ganzen dann ein Ende bereitet?”
Florette war hörbar erleichtert zu diesem Teil der Geschichte über zu gehen. “Ja! Wir wussten nicht mehr weiter nachdem die feinen Damen darüber geredet hatten, dass ihnen Auspeitschen zu langweilig werden würde. Daraufhin haben wir Lucy den Rücken freigehalten, dass sie in Ruhe telefonieren konnte und ich weiß nicht was sie gesagt hat, oder wie es Sophie bis in die Schweiz oder gar ins Internat hinein geschafft hat. Aber zwei Nächte später sind wir alle von einem lauten Schrei wachgeworden und alle natürlich erstmal aus den Zimmern gestürzt, nur um Blutspuren auf dem Boden zu finden. Denen sind wir dann entsetzt gefolgt, tuscheln, ob sie jetzt jemanden umgebracht hätten. Wir sind regelrecht zum Speisesaal gerannt, von wo aus wir unsere Rektorin hatten schreien hören. Dort sind die Tische beiseite geschoben worden und diejenigen, die alle andren gequält haben in einer Reihe auf dem Boden gekniet, die Hände gefesselt, geknebelt und mit blutig geschlagenem Rücken. Unsere Rektorin stand da, mit weißem Gesicht, knapp davor umzufallen. Wir Schüler haben uns an die Wand gedrückt und an den Tischen festgehalten, während die Erzieher und Lehrer die vor Ort waren, erst geschockt waren, dann helfen wollten aber aufgehalten wurden.”
Codo klammerte sich an den Tisch, seine Knöchel weis wie Schnee. Mit offenem Mund lauschte er der Geschichte. Und er war beeindruckt. Das hatten Sophie und Sam alleine geschafft? Die beiden waren ja schon als Kinder beeindruckend gewesen.
“Vor den Erwachsenen hatte sich ein blonder Junge aufgebaut, der mit ernstem Gesichtsausdruck mit einer Pistole auf die Erwachsenen gezielt hat. Als einer der Erzieher einen Schritt auf ihn gemacht hat, um ihm die Waffe abzunehmen, hat man es klicken hören und dann standen alle so ruhig da. Das war so unwirklich, wie im Film, wenn die Bösen die Waffe so klicken lassen und du weißt, jetzt ist die Sicherung draußen, wenn der jetzt schießt, dann sterben Leute!” Florette klang jetzt nicht mehr verängstigt, sondern schwer beeindruckt. “Und auf einem der Tische saß Lucys Schwester. Sie saß ganz ruhig da, bis wir sie endlich mal bemerkt haben. Und was sie dann gesagt hat, das hab ich nie vergessen. Ganz ruhig ist sie vom Tisch gehüpft und ist die Reihe der knienden Mädchen abgeschritten, hat immer mal wieder die Peitsche, die sie in der Hand hatte knallen lassen. Dann hat sie sich vor die versammelten Erwachsenen gestellt. Hat einen letzten Blick auf die Mädchen geworfen. Und dann hat sie gesagt: “Ihr hattet einen einzigen Job. Kinder aufziehen. Und ihr habt versagt. Wenn ich auch nur noch eine einzige Misshandlung in dieser Schule bemerke, komme ich wieder. Mit meinen Freunden. Und dann wird sowas hier eure geringste Sorge sein.” Danach sind sie und Sam verschwunden und unsre Prinzessinnen haben sich nie wieder auch nur irgendwas getraut.”
“Bis jetzt.” stellte Codo fest und versuchte die Stimme ruhig zu halten. Das klang ja wie in einem schlecht geschriebenen Drehbuch. Aber man durfte auch nicht vergessen dass es sich um eine Sache handelte die sich unter Kindern zugetragen hatte – da durfte man keine Feinheiten wie in einem Hollywoodfilm erwarten.
Nun klang Florette wieder verängstigt. “Ja. Heute erst hat mich Avril angerufen. Sie war auch eines der Dienstmädchen, ich weiß nicht wie, aber irgendwie ist sie an die Info gelangt, dass die Mädchen von damals es als Schmach empfinden dass sie gestoppt wurden und dass sie sich jetzt rächen wollen. Ich bin nur die erste derer sie habhaft geworden sind, beziehungsweise meines Bruders.”
Codo nahm einen tiefen Atemzug. Er hatte genug gehört. “Danke für dein Vertrauen Florette. Ich verspreche dir, du musst keine Angst mehr haben. Ich kümmere mich darum, dass das alles aufhört. Ein für allemal.”
Nachdem das Telefonat beendet war, bat Codo darum auch noch die Rennbahn, die Stallungen und die Reithallen sehen zu dürfen.
Das war alles genauso exquisit wie der Rest der Insel. Die Rennbahn lag unter Wasser, die Innenseite aus bläulich schimmerndem Metall, die Außenseite aus dickem Glas, das einen atemberaubenden Blick auf das Meer preisgab und Codo war sich nicht sicher ob er hier hätte Rennen reiten können oder ob er einfach mit dem Pferd hier entlang gelaufen wäre, nur um die Fische zu beobachten, die sich dort tummelten. Generell war alle unter Wasser darauf ausgelegt möglichst viele Fische und Meeressäuger anzulocken, ihnen ein angenehmes Zuhause zu bieten und den Besuchern etwas zu staunen.
Auch die Stallungen waren fantastisch. In einer breiten Stallgasse hatte man links und rechts geräumige Boxen, deren Wände aus blauem Holz waren. Die Metallumrandungen waren lackiert und erweckten auf den ersten Blick den Eindruck aus Marmor zu sein.
Vor jeder Box gab es eine große, abschließbare Satteltruhe, die groß genug war gleich zwei Sättel darin unterzubringen und auch noch genug Platz ließ für Putzbox, Trense und Futtermittel, falls man welches mitbringen wollte. Gestaltet waren die Boxen wie Schatztruhen, schön verziert mit Goldbeschlägen.
Auch die Reithallen trafen Codos Geschmack. Weiß, alles was hölzern war, in dem typischen blau gehalten, das auf der Insel vorherrschte. in Jeder Reithalle gab es einen kleinen Vorplatz mit einer Tribüne für Zuschauer darüber. die einzigen Zuschauerplätze die Codo bisher gesehen hatte. “Wir haben hier überall Kameras die alles live übertragen. Das können die Besucher sich dann auf den Fernsehern in ihren Zimmern, auf dem Handy oder wo auch immer sie wollen, ansehen.” erklärte Sylvain und Codo klopfte ihm auf die Schulter. “Gut durchdacht. Wirklich. Gefällt mir. Ist gekauft. Meine Buchhalterin wird die Überweisung heute noch anweisen.”
Sylvain freute sich und wollte ihn zurück zum Steg bringen, doch Codo winkte ab. “Irgendwann hättest dus ja eh rausgefunden.” Er öffnete ein magisches Portal und war schon mit einem Fuß durch, als er sich nochmal umdrehte. “Ja, ich bin ein Magier. Und ja, das was ich am Telefon gesagt hab, das meinte ich Ernst. Ich kümmer mich darum.” Ein sehr unheilvolles, dunkles Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. “Und natürlich dürfen du und Florette dabei sein wenn das Finale stattfindet.”
Mit diesen Worten ging er durch das Portal und schloss es hinter sich.
Er war wieder zu Hause. Wo anfangen? Ah, da kam schon Sophie um die Ecke. “Und wie wars?” grüßte sie ihren Chef. “Wir haben ein Reitzentrum. Und du, Sam und Lucy finden sich in zehn Minuten im rechten Gästezimmer im ersten Stock ein.”
Damit ließ er die sehr überraschte Sophie stehen und machte sich auf die Suche nach Arcale, die sehr erfreut vernahm dass sie das Reitzentrum kaufen durfte. Das war Musik in den Ohren und sie sauste sofort ins Büro, während sich Codo auf den Weg in besagtes Gästezimmer machte. Die drei warteten bereits auf ihn. Sophie und Sam hatten es sich auf dem Bett bequem gemacht, Lucy hatte die kleine Sitzbank, die vor dem Bett stand, in Beschlag genommen.
Codo kam in den Raum und sperrte die Tür hinter sich ab, um ungebetene Besucher zu vermeiden. Auch beim Fenster kontrollierte er unter misstrauischen Blicken, dass es auch wirklich verschlossen war. “Du bist merkwürdig.” stellte Sophie unumwunden fest, während sie Codo beobachtete, was dieser aber einfach nur zur Kenntnis nahm. Er lehnte sich gegen die Wand gegenüber des Bettes und sah die drei Ernst an. “Hey, was auch immer los ist, wir können es nicht gewesen sein. Wir waren schon länger nicht mehr auf dem Meer unterwegs.” witzelte Sam um die Stimmung aufzulockern, doch Codo beachtete ihn nicht. Er sah Lucy an. “Weißt du wem das Reitzentrum, das ich übrigens kaufen werde, gehört? Sylvain Tixier” Lucy zuckte zusammen “Tixier? Doch nicht etwa…” Codo nickte. “Florettes kleiner Bruder.”
Sophie und Sam sahen einander an. Der Name sagte ihnen nichts. Codo seufzte. “Ums kurz zu machen: Ich weiß was damals in Lucys Schule abgelaufen ist, dank ihrer Schulkameradin Florette. Ja, ich bin angewidert von dem was die Mädels abgezogen haben. Ja, ich bin beeindruckt von euch beiden und will wissen wie ihr in die Schweiz und in die Schule hinein gekommen seid. Ja, ich hab ne Menge Fragen.”
Codo holte kurz Luft und Sophie nutzte seine Pause um zu murmeln: “Ich bin immer noch der Meinung dass wir zumindest einen Blutadler hätten hinterlassen sollen. Wenigstens einen, auch wenn ich finde all hätten den verdient.” und Sam schüttelte den Kopf. “Wie ich damals schon gesagt hab. Du kannst Misshandlungen nicht mit Mord vergelten. Und ja, bei lebendigem Leib die Rippen rausgebrochen und aufgeklappt zu bekommen wie Flügel, das tötet dich hundertpro.”
Codo schluckte. “Sophie, ich verbiete dir hiermit offiziell den Blutadler anzuwenden.” Sophie sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
“Die Prinzessinnen von damals wollen Rache. Die Tixier Geschwister sind die ersten derer sie habhaft geworden sind.” Die aufkommende Schnappatmung ließ ihn die Hände erheben. “Ich weiß. Ich hab auch schon den perfekten Plan um diese Schreckensherrschaft ein für allemal zu beenden. Ich muss nur noch an ein paar Hintergrundinformationen kommen.”
Lucy sah ihn prüfend an. “Was hast du denn vor?”
Ein grausames Lächeln stahl sich in Codos Gesicht. “Das meine Liebe, das erfährst du noch früh genug. Ich wollte nur, dass ihr informiert seid.” er ging zur Tür und schloss sie auf. “Wenn ich euch bitten dürfte jetzt einfach mit dem weiter zu machen, was ihr machen wolltet? Ich habe noch was zu erledigen.”
Er ging aus dem Raum und holte sein Handy heraus um einen Anruf zu tätigen. “Sylvain! Ja hallo! Du, ich hätte da eine Frage… Die Leute, die dich übers Ohr gehauen haben – kann ich eine Liste haben wer das alles war?”
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Lana lies sich geduldig von Arcale zu der kleinen Nische ziehen, in der Codo das Büro eingerichtet hatte. Eigentlich Arcales Bereich, heute seit den frühen Morgenstunden von Codo belegt. “So kann ich nicht arbeiten! Lana, tu was!” jammerte Arcale und Lana seufzte. Sie scheuchte Arcale mit einer Handbewegung davon und lehnte sich an den Türrahmen.
“Was ist das Problem?”
Codo drehte sich zu ihr um und seine Augenringe zeigten an dass er eine schlaflose Nacht hinter sich hatte. Lana zog die Augenbraue nach oben. In so einer schlechten Verfassung hatte sie Codo schon lange nicht mehr gesehen. “Kaffee?” Codo wies auf die sieben leeren Kaffeetassen hinter sich. Arcale würde ausrasten wenn diese Flecken auf ihrem geheiligten Schreibtisch hinterlassen würden.
“Ich habe ein Problem.” stellte der Stallbesitzer fest und Lana kicherte. “Was du nicht sagst.”
“Das ist nicht so witzig wie du vielleicht denkst!” “Ist es das jemals?” ließ Lana verlauten und schnappte sich Codos Handy, auf dessen Display eine Liste mit Namen eindrucksvoller Persönlichkeiten zu erkennen war. “Was willst du denn damit?” fragte Lana verwundert als sie die Liste durchging. “Ich will…” Codo musste kurz überlegen wie er seinen Plan in Worte fassen sollte. “Ich will Druckmittel. Druckmittel die mir ermöglichen diese Leute soweit in der Hand zu haben, dass sie mit etwas aufhören, das mir missfällt. Sehr missfällt.” meinte er und fragte sich ob er nicht vielleicht doch einen weiteren Kaffee hätte geben lassen sollen.
Lana schickte sich die Liste und gab Codo das Handy wieder. “Echte Druckmittel oder gefakte?” “Häh?” Codo war so müde dass er Lana nur verständnislos ansah. Die schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. “Du gehst ins Bett. Ich kümmere mich um alles.”
Codo wehrte sich dagegen vom Stuhl hochgezogen zu werden. “Aaaaber…” meinte er schwerfällig. Nein, sich die ganze Nacht im Bett rumzuwälzen und nachzudenken, statt zu schlafen hatte ihm definitiv nicht gut getan. Lana sah ihn fragend an. “Ich will auch ihre finanziellen Mittel haben. Solche Leute kriegt man nur übers Geld!” Lana tätschelte ihm den Arm. “Ich kümmer mich darum, alter Mann.” Sanft schob sie ihn in Richtung Treppe. “Geh du schlafen, ich meld mich bei dir, wenn ich alles fertig hab.”
Zuerst das finanzielle. Lana schnappte sich ihren Verlobten, der gerade wieder einmal vor seinem PC saß und in die Tasten haute. Sie zeigte ihm die Liste. “Das sind sehr reiche Leute. Teils reiche, teils Leute mit einem überbewerteten Stammbaum, teils sehr mächtige Leute. Können wir denen das Geld wegnehmen?” Safar runzelte die Stirn. “Was haben sie dir getan?” fragte er verblüfft. “Mir nichts, aber wenn ich mir die Augenringe deines Vaters so ansehe…” “Oha.” Safar wirkte besorgt. “Ich hoffe er weiß was er da tut.” “Ich auch.” kam es besorgt von Lana. “Aber so wie es aussieht ist es jetzt zu spät ihn aufzuhalten.”
Safar seufzte. “In wiefern wegnehmen? Soll das Geld verschwinden? Wie viel davon? Will er es selber haben?” So viele Fragen auf die Lana keine Antwort hatte. Sie zuckte hilflos mit den Schultern. “Er meinte er wolle Druckmittel haben. Und das Geld dieser Leute. Dann an die käme man nur über Geld heran.”
Die beiden sahen einander an. Sie wussten beide, dass bei solchen Sachen nicht nur Geld im Spiel war. Da ging es auch um Macht. Und so langsam bekamen sie einen Eindruck davon was sich da in Codos Kopf als Plan geformt hatte.
“Das wird gefährlich. Wenn wir ihnen nicht genug Angst machen, sind wir am Ende einen Kopf kürzer.” gab Safar zu bedenken und Lana nickte. “Aber hättest du Codos Augenringe gesehen, wüsstest du, dass da kein Weg daran vorbeiführt.” Safar holte tief Luft. “Überlass das mit den finanziellen Mitteln mir. Ich sorge dafür, dass die zum richtigen Zeitpunkt eingefroren sind.” Lana sah ihn fragend an. “Mehr musst du nicht wissen, es reicht, wenn ich hier Straftaten begehe!” er scheuchte sie aus dem Zimmer hinaus. “Ich glaube, du bist nicht der einzige, der hier Straftaten begehen wird… Und vermutlich haben die auch schon mehr auf dem Kerbholz, als ich wissen will.” murmelte Lana, während sie die Liste an Safar schickte.
Als Codo gegen Mittag aufwachte, waren zumindest seine Augenringe verschwunden. So richtig erholt fühlte er sich nicht, aber zumindest hatte er es geschafft die bleierne Müdigkeit abzuschütteln und er war sich sicher dass er jetzt auch ohne Kaffee funktionieren würde.
Er machte sich sofort auf die Suche nach Lana, die mit einem Glas Tee in der Hand darauf wartete dass ihr Mikrowellenburrito fertig wurde. Ein Unding, das sie sich aus den USA besorgt hatte und das Codo jedes Mal wiedereinen kalten Schauer den Rücken runterlaufen ließ, wenn er sie das essen sah. Schnell den Status der Mission erfragen und dann sich aus dem Staub machen.
“Na Dornröschen?” fragte Lana mit einem Lächeln auf dem Gesicht, wohlwissend wie sehr Codo ihr Essen verabscheute. “Wie weit bist du?” Er setzte sich noch nicht mal zu ihr an den Tisch und wollte schon flüchten, als er den “Ich bin fertig” Ton der Mikrowelle vernahm.
“Jetzt stell dich aber nicht so an.” schalt ihn Lana und schüttelte den Kopf. Sie seufzte. “Also gut, also gut. Um das finanzielle kümmert sich Safar, was deine anderen Druckmittel angeht empfehle ich dir einen Besuch auf BCS. Das sind die einzigen von denen ich mir vorstellen kann, dass sie solche Verbindungen haben.” Gemütlich wanderte Lana zur Mikrowelle, aus dem Augenwinkel wahrnehmend, dass sich Codo aus dem Staub machte, direkt zum Portal, das ihn einmal mehr in die Wüste befördern würde.
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Alec hatte es sich gerade mit seinem Mittagessen am Tisch gemütlich gemacht, als es an der Tür schellte. Zu dieser Uhrzeit? Er sah sich um. Keiner deutete an dass er oder sie Besuch erwartete. Azurit stand auf und ging zur Eingangstür. “Codo! Was treibt dich denn her?” fragte er verwundert.
Alec lehnte sich zurück und rief in Richtung Eingangstür: “Erst hört man kaum was von dir und dann stehst du irgendwie gefühlt jeden zweiten Tag auf der Matte. Willst du hier einziehen oder was?” Alec gluckste und nahm den ersten Bissen seiner Mahlzeit.
“Verzeih die Störung Azurit. Ich hoffe ich komme nicht zu ungelegen. Darf ich reinkommen?”
Ungewöhnliche Förmlichkeit, was Alec nur noch misstrauischer machte. Und nicht nur ihn. Auch Azurit und Venezia beobachteten Codo mit Argusaugen, wie er dastand und seine Worte sammelte. Alec, forsch gegenüber seinem Freund wie immer, meinte schließlich: “Spucks aus, Mann. Es wird nicht besser wenn du einfach nur dastehst wie so ne Statue.”
Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Codo fing einfach an. “Ihr seid alle so wohlhabend… Ihr habt bestimmt auch Kontakt zu andren Leuten die vermögend und mächtig sind?” Die drei Gründer des Wüstenstalls wechselten einen schnellen Blick. “Ansich schon…” meinte Alec vorsichtig. “Wieso?” Codos Gesichtsausdruck wurde ernst. “Ich brauche Hintergrundinformationen zu ein paar Leuten. Und nicht nur das was die Klatschpresse sich ausdenkt. Ich brauche das, was unter der Oberfläche vergraben liegt. Die ganzen schmutzigen Details.” Codo holte tief Luft um sich zu beruhigen. “Ich bin auch bereit viel dafür zu bezahlen. Ja, ich weiß, über Geld brauchen wir hier nicht reden, davon habt ihr selber mehr als genug. Aber vielleicht hab ich irgendwas andres was euch nützlich sein könnte.”
Alec schüttelte sofort energisch den Kopf. “Sorry, aber kannste knicken Kumpel. Sowas tun wir hier nicht. Das gehört sich nicht. Wir haben Manieren!” Venezia untergebrach ihn mit einem hinterhältigen Grinsen. “Du meinst du und Azurit machen sowas nicht. Ich bin eine Dame. Bei mir sieht das komplett anders aus.” Sie wandte sich an Codo. “Worum gehts? Wie tief soll ich graben?”
Sämtliche Freundlichkeit war mit einem Mal aus Codos Gesicht verschwunden. “Die Personen um die es geht haben jemandem, der mir sehr wichtig ist, als Kind schon furchtbar wehgetan. Und sie möchten es jetzt wieder tun. Um sie davon abzuhalten muss ich sie so bedrohen, ihnen so viel Angst machen können, dass sie es nie wieder wagen auch nur die Hand zu erheben.” Codo fragte sich schon ob er nicht ein kleines bisschen zu Ernst geklungen hatte, aber irgendwie hatte er Venezia auf seiner Seite. “Kein Problem, gib mir die Namen und ich schau mal, was ich ausgraben kann. Das hat aber seinen Preis: Egal was auch immer du vorhast, ich will dabei sein. Ich will eingebunden werden.”
Codo überlegte kurz. Konnte er es verantworten dass Venezia diese Seite von ihm sah? Wollte er Alec gegenüber so viel von ihm preisgeben? Würde ihre Freundschaft das vertragen?
Er schüttelte die Angst ab. Immerhin lief hier auch Snake auf dem Hof rum. Wenn Alec den tolerieren konnte, dann würde auch die Freundschaft zwischen ihnen Bestand haben. Immerhin hatte er nichts geplant was Snake auch nur ansatzweise das Wasser reichen konnte. Und so nickte er. “Klar, das dürfte das einfachste daran sein.” vermutete er mit ein wenig Besorgnis in der Stimme. Venezia legte den Kopf schief. “Du hast Angst.” stellte sie fest, Codo musternd. Sie klopfte auf die Stuhllehne neben sich. “Steh hier nicht rum wie ein ungebetener Gast, setz dich. Und erzähl mir, um wen es denn überhaupt geht.”
Codo tat, wie angeordnet und reichte Venezia sein Handy mit der Liste. Diese las sie stillschweigend und Azurit und Alec sahen einander verwundert an. Natürlich war ihnen bekannt, dass Venezia, als Gossip Queen, mit Vorliebe den Klatsch und Tratsch anderer Familien aufsog, gerade weil sie dorthin beste Kontakte hatte. Allerdings ließ ihr Gesichtsausdruck nichts Gutes erahnen. “Gar nicht mal so viel altes Geld dabei wie ich gedacht hab.” stellte sie am Ende fast schon enttäuscht fest und sah Codo an. “Was aber hast denn du mit den Leuten zu schaffen? Geld ist doch normalerweise nicht so ganz deine Kragenweite, vor allem nicht so viel. Und die Leute mit so viel Geld auch nicht. Springst du nicht lieber in Tarnfleck durch die Gegend und bekämpfst unsterbliche Bösewichte?”
Codo zog eine Augenbraue nach oben. Also entweder hatte er bisher keine Ahnung gehabt aus was für eine Familie Venezia kam, oder Hagen war doch nicht so unauffällig gewesen wie er es immer behauptete. “Und wer sind die Freunde von denen du gesprochen hast?”
Jetzt war er in einer Zwickmühle. Wie viel wusste Venezia schon von vornherein und wie viel durfte er verraten, ohne dass Lucy am Ende saue auf iohn war? immerhin hatte er ihr sein Wort gegeben, die Geschichte nicht einfach so jedem auf die Nase zu binden.
Er klopfte auf sein Handy. “Du weißt dass die Mädels alle zusammen auf einer Schule waren?” Venezia zuckte mit den Schultern. “Klar. Irgendsoein Internat auf der Schweiz. War ich selber nie, laut meinem Vater gerade so ausreichend für die Neureichen und die Leute, die sich was auf sich einbilden. Außerdem haben sie dann irgendwann wohl auf anraten der Eltern die Schultore wohl auch für weniger betuchte Schülerinnen geöffnet – wohl mit der Begründung, dass man ja schließlich zukünftige Angestellte nicht früh genug heranziehen könnte. Fand mein Vater nicht gerade die richtige Studienumgebung für mich.” Codo zog fragend die Augenbraue hoch. Zwar erklärte das, wie Lucy überhaupt auf die Schule gelangt war und auch dass er Venezias Hintergrund wohl deutlich unterschätzt hatte. Aber vielleicht auch ihre Haltung zum Thema arm und reich? Doch Venezia winkte ab. “Keine Sorge, ich bin zwar reich, aber kein Snob. Meinem Vater gefiel die Idee nicht die Welt in Elite und Angestellte aufzuteilen. Wir sind keine solchen unangenehmen Leute.”
Codo atmete erleichtert auf, wenn auch nur für einen Moment. “Du hast mir allerdings noch nicht erklärt, wie tief ich graben soll. Was willst du wissen?” Codo seufzte. “Das ist schwierig zu sagen. Im Endeffekt alles. Alles was mir nützlich sein könnte. Die feinen Damen fangen wieder die Machtspielchen aus ihrer Schulzeit an und es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie damit aufhören. Ein für allemal. Dafür muss ich nicht nur die Herrschafft über ihre Finanzen bekommen, was irgendwie der wesentlich einfachere Teil war, sondern eben auch alle schmutzigen Geheimnisse. Ich muss so viel über sie wissen, dass ich sie und ihre Familienmitglieder im schlimmsten Fall in den Selbstmord treiben könnte.”
Alec räusperte sich. “Ist das wirklich dein Ernst? Ich mein, klar, du bist nicht ganz so nett und süß wie du oft rüberkommst, aber das ist selbst für dich ein wenig heftig.”
Codo nickte bedächtig. “Hast schon Recht, das ist eigentlich so gar nicht meine Art. Aber in diesem Fall gehts einfach nicht anders. Die spielen so weit über meiner Liga, dass ich ihnen so viel Angst machen muss, dass sie sich nicht trauen mir jemals wieder über den Weg zu laufen. Oder nicht nur ich bin geliefert.” Alec wirkte nachdenklich, schien seinen Freund jedoch verstehen zu können. “Ich hoffe nur, dass die Personen die du schützen willst, diesen Aufwand wirklich wert sind.”
Diese Aussage brachte das Lächeln zurück auf Codos Gesicht. “Glaub mir, sie sind es wert. Sie sind sozusagen Familie.”
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Endlich war es soweit. Und es war schnell gegangen. Nur eine Woche hatte es gebraucht, alle Informationen zusammenzutragen und alle Personen, die in die Sache verwickelt waren, nach Atlantis zu bekommen.
Noch während Arcale den Aufbau des Buffets beaufsichtigte, trudelten die Nachrichten auf Codos Handy ein, dass seine “Gäste” sich planmäßig auf ihrem Weg in ihren Untergang befanden. Venezia sauste hinter Codo vorbei. “Nein, ist das aufregend!” zwitscherte sie und lachte Kiki zu, die sich schon die ganze Zeit königlich über Venezias Imitation reicher Leute und deren Floskeln amüsierte. Neben Codo stand Lana, und zur andren Seite hatte es sich Alec gemütlich gemacht, der Venezia nicht hatte allein herkommen lassen wollen. “Was auch immer du geplant hast, ich hoffe es wird genauso spektakulär wie dein kleiner Palast hier.” meinte er und Codo nickte. “Das hoffe ich auch!”
Auch wenn Lana nicht genau wusste, warum Codo den ganzen Zirkus veranstaltete, tat sie ihr bestes um ihrem zukünftigen Schwiegervater beiseite zu stehen. “5 Minuten bis die Gäste anlanden. Arcale, ist das Buffet aufgebaut?” Arcale begutachtete ihr Buffet liebevoll. “Es ist fertig. Mein kulinarisches Meisterwerk.”
Auf langen Tischen waren Teller, Schalen, Schüsselchen und Etageren mit allerlei Köstlichkeiten aufgebaut. Meeresfrüchte schmiegten sich zwischen Kanapees und Schnittchen, dazwischen wohl temperierte Steaks, die verführerisch dufteten. Auf den Etageren schmiegten sich kleine Dessertschälchen an köstliche Küchlein und Macrons.
Lana begutachtete das Werk ihrer Freundin und ihr lief das Wasser im Munde zusammen. “Das hast du fantastisch gemacht, Arcale. Und du auch, Firebird!”
Die beiden hatten das ihre getan um die perfekte Illusion aufrecht zu erhalten, jetzt war es an der Zeit, ihr Werk zu tun. Sie schnappte sich Sylvain, der nervös an seinem Anzug rumzupfte. “Keine Sorge, bald ist es vorbei.” tröstete sie ihn und klopfte ihm auf die Schulter. “Komm, empfangen wir die Gäste.”
Im Hintergrund begutachtete sich Codo im Spiegel. Der dunkelgraue Anzug saß perfekt und verlieh ihm etwas herrschaftliches. Und dennoch fühlte sich Codo so unglaublich unwohl in seiner Haut. Alec stand neben ihm. “Ich weiß immer noch nicht genau was du eigentlich vorhast, aber für Nervositäten und ähnliches ist es jetzt eindeutig zu spät.” Wie froh Codo war, seinen Freund hier zu sehen. Das nahm ihm ein wenig die Angst vor der ganzen Sache.
Da waren schon die ersten Stimmen zu hören. Hochnäsig, arrogant klangen sie in den Raum hinein, er konnte hören wie sie sich über Sylvain lustig machten.
Wut stieg in ihm hoch. Nein. Er schüttelte den Kopf und riss sich zusammen. Wut war jetzt ein sehr schlechter Begleiter. Hinaus auf die Bühne.
Codo hatte ein breites freundliche, Lächeln aufgesetzt. “Meine Damen, meine Herren! Wie schön dass es doch noch geklappt hat und sie jetzt alle hier sein können!” mit weit ausgebreiteten Armen ging Codo auf die Meute zu, die ihn musterte. Er konnte es schon in ihren Köpfen rumoren hören. Wer er war, dass er sie alle hier einbestellte, was ihm einfiel, ihre Zeit zu verschwenden! Was er sich dachte sie alle hierher zu bestellen?
“Vielen vielen Dank, dass sie sich auf den weiten Weg gemacht haben!” sein Lächeln wurde noch ein Stückchen breiter. “Ich danke ihnen vielmals, dass sie sich zu diesem kleinen Fest zusammen gefunden haben! Ich weiß, es war ein Aufwand für sie herzukommen, aber bitte verstehen sie, in meinem Glauben gilt es als Unglück nicht mindestens eine Feier mit allen Geldgebern und wichtigen Personen veranstaltet zu haben, wenn man ein Gebäude kauft!”
Absoluter Bullshit, aber auf sowas fuhren die Leute ab, hatte Lana gesagt. Safar verdingte sich gerade als “Pressefotograf” gab vor Fotos für die nächstbeste Illustrierte von den hohen Herrschaften zu machen.
Codo ließ sich mit allen auf einem Gruppenfoto ablichenten und lotste sie zum Buffet. “Sie werden nach ihrer langen Reise sicher hungrig sein! Bitte, langen sie ordentlich zu, hungrige Gäste, das bringt Unglück!” Ein wenig von der Gruppe entfernt sahen Venezia und Kiki sich an und kicherten hinter vorgehaltener Hand. Codo mimte den verrückkten Exzentriker perfekt. Die Gäste wunderten sich zwar, fielen aber einer nach dem anderen Codos aufgesetztem, leicht verrückten Charm zum Opfer. „Schade, dass er das nur spielt. Er würde sich auch sehr gut unter den… wie nannte er es? Reichen und Mächtigen machen.” stellte Venezia fest. Kiki schüttelte den Kopf. “Das Theater hält er nicht lange aufrecht. Das ist so gar nicht Papa.”
Nach und nach hatten sich all die Helfer zurück gezogen und nur noch wenige verweilen im großen Raum. Codo hatte wohlweislich die meisten in die Küche verbannt, dieses Schauspiel war nicht für sie, gerade nicht für die Kinder. Die hatten sich in eine der Luxussuiten zurückziehen dürfen und sahen gerade den neuesten Blockbuster über einen dieser vielen Streamingdienste. Nur Kiki hatte er nicht von seiner Seite bekommen, sie flanierte zusammen mit Venezia durch die illustre Gästeschar und hielt mal hier, mal dort ein Pläuschchen über die neueste Mode, das hübsche Kleid oder die schöne Armbanduhr ihres Gegenübers.
Auch Codo spazierte zwischen den Gästen hin und her, hier und dort mal in ein Gespräch verwickelt, versuchend, den richtigen Einstieg zu finden.
“Also, nicht dass mir diese kleine… Party… nicht gefallen hätte, aber ich würde es vorziehn jetzt nach Hause zu gehen.” Da war er, der Einstieg in die Horrorshow die Codo gesucht hatte. Er ließ die Fenster und die Tür leicht zuknallen, allerdings laut genug, dass es zu hören war, und sagte laut genug, dass alles es vernehmen konnten: “Nun, ich denke nicht dass es in ihrem Ermessen liegt, wann sie nach Hause gehen.”
Alle Augen ruhten auf Codo, der jetzt keinen Hehl mehr daraus machte wie sehr er die Leute verabscheute die hier in seinem Saal standen, sich für so viel besser hielten und ihn so erzürnten. “Izabella von Rubinstein, nicht wahr?” fuhr er in einem so ruhigen Ton vor, als würde er Sonntags aus der Zeitung lesen. “Schon zu Schulzeiten Anführerin ihrer Clique. Ein geschätztes Mitglied der High Society heute und auch damals schon beliebt. Oder sollte ich eher sagen – gefürchtet?”
Izabella sah ihn gelangweilt an. “Erstens heißt es Lady von Rubinstein, und zweitens, wovon reden sie?” Ein leichtes, bösartiges Lächeln umspielte Codos Mundwinkel. “Daran, dass es für Sie eine schöne Freizeitbeschäftigung ist, Menschen auspeitschen zu lassen, Lady von Rubinstein. Und dass sie sich gar nicht daran sattsehen konnten, als sie noch jünger waren.”
Lady von Rubinstein wurde bleich, ebenso wurden es ihre Freundinnen. Wer war der Mann und wie konnte er davon wissen?
Codos Lächeln verwandelte sich in ein breites, bösartiges Grinsen. “Oh, ich weiß noch mehr. Noch viel mehr. Ich weiß davon dass dieser Prachtbau eigentlich nur dazu diente die alten Machtstrukturen wieder aufzubauen. Ich weiß von den Spielchen, die ihr in eurem Keller, spielt, Izabella von Rubinstein. Ich weiß davon, dass ihr eure Hengste nicht nur einfach Pferde für euch sind, Dina Biagino. Auch ist mir durchaus bekannt, dass eure Hausmädchen bei ihnen keine Angestellten sind, Karolina Hella. Und die Kinderschar, um die sie sich so rührend kümmern, Karla Thalita, nun ich weiß warum hin und wieder eines von ihnen verschwindet. Und ich weiß auch wo die verschwundenen Kinder zu finden sind.”
Während er die einzelnen Geheimnisse der Frauen andeutete, wurden nicht nur diese bleich.
“Ich kenne euch. eure schmutzigen kleinen Geheimnisse. Ich kenne sie alle.” das Grinsen wich einem kalten und grausamen Lächeln.
“Warum ziehst du hier diese Show ab, Mann?” wollte einer der Männer wissen, die sich überlegten wie viel er von ihnen wusste.
“Weil ich ein guter Freund der Lainely Zwillinge bin. Wenn ihnen der Name nichts sagt, dann fragen sie doch “Lady von Rubinstein” und ihre Freundinnen ob ihnen die Namen etwas sagen, ob sie sich nicht zufälligerweise an jene Nacht erinnern als ihrem ach so vergnüglichen Schulleben ein Ende bereitet worden ist?”
Izabella brach fast zusammen. “Sie sind ein Monster.” stellte sie fest, doch das juckte Codo wenig. Er war schon als schlimmeres bezeichnet worden. Izabella fasste neuen Mut. “Sie können sich hier so sehr profilieren wie sie wollen. Am Ende gehen wir hier hier ja doch eh unbescholten raus, wie eh und jeh. Sie können uns hier ja schlecht umbringen.”
Codo wiegte den Kopf nachdenklich hin und her und sah die Menschen um ihn herum an. “Unterschätz mich mal nicht, Kleine. Ich hab schon wegen deutlich niedereren Beweggründen gemordet.” stellte er fest und er schien kurz in seine Gedanken abzuschweifen. “Wobei es durchaus richtig ist, dass ich jetzt keinen großen Vorteil davon habe wenn ich euch alle von der Bildfläche verschwinden lasse. Viel zu viel Stress.” Er zuckte mit den Schultern. “Und viel zu wenig Spaß.” Sein grausames Grinsen kehrte zurück.
“Nein. Lieber stelle ich euch bloß. Führe euch und eure Familien der Öffentlichkeit vor. Nehme euch euren Reichtum, eure Macht, euer Ansehen.”
Einer der Männer lachte lauthals. “Wer auch immer du zu sein glaubst, so mächtig bist du nicht.” “Nicht?” Codo hob die Augenbraue. “Dann empfehle ich dir, einmal deine Konten zu überprüfen.” Augenrollend zog der Mann sein Handy aus der Tasche. “Wenn dich das zufrieden stellt, du Irrer?” Wenige Sekunden später wurden seine Augen groß. “Weg! Alles weg!”
Codo lächelte zufrieden als alle um ihn herum ihre Handys hervorzogen um ihre Finanzen zu checken. Safar hatte wirklich gute Arbeit geleistet.
Langsam richteten sich die Augen wieder auf ihn.
“Wie gesagt. Ich kenne all eure schmutzigen, kleinen Geheimnisse. Die Geheimnisse eurer Familienmitglieder. Ich kenne die Fäden, die ihr zieht. Ich habe genug Wissen über euch, um euch zu Fall zu bringen. Ich habe die Macht über euer Geld. Ich kann euch in die Gosse bringen. Und ich werde eurem Fall genüsslich zusehen.”
Das Grinsen war zurück in Codos Gesicht.
“Alter, was soll die Scheiße hier? Ich hab nichts gemacht!” kam es von irgendwoher. “Aber du kennst Izabella?” fragte Codo freundlich. “Wer kennt Izabella nicht? Natürlich kenn ich sie. Sie ist die Schulfreundin meiner Frau!”
Codo wandte sich an Izabella. “Möchtest du den Leuten hier erklären warum sie Kollateralschäden sind, oder soll ich das machen?” fragte er mit ausgesucht höflichem Ton in der Stimme. Izabella schnaubte. “Na und? Dann hab ich halt meine Mitschülerinnen damals versklavt und ausgepeitscht. Na und? Irgendein Laster hat doch jeder!”
“Prinzessin von Rubinstein, andre Menschen zu misshandeln kann man ja wohl kaum als ein “Laster” darstellen. Das ist nicht gleichzusetzen mit Rauchen und ähnlichem!” belehrte Codo sie kühl.
“Aber gut, wenn dir das nicht genug ist, dann werde ich dir wohl nicht nur dein Ansehen, deinen Status, deine Macht und dein Geld nehmen müssen, sondern auch noch Sophie von der Leine lassen.” Hinter Izabella war unversehens Sophie aufgetaucht und schnurrte wie ein Kätzchen. Sanft streichelte sie Izabellas Wange und gurrte. “Ich freu mich schon da weiterzumachen wo wir damals aufgehört haben. Das wird so ein Spaß!”
Izabella sprang mit einem Satz nach vorne, drehte sich im Sprung und sah Sophie mit weit aufgerissenen Augen an.
“Was willst du?!” fauchte sie, ohne die Frau aus den Augen zu lassen die ihr vor so vielen Jahren das fürchten gelehrt hatte. Codo riss die Prinzessin unsanft herum und zwang sie ihm direkt in die Augen zu sehen. “Ich will, dass das ein Ende hat. Die Trixiers werden ihr Geld wiederbekommen. Alles. Und noch eine großzügige Summe als Schmerzensgeld obendrauf. Und du und deine Freundinnen, ihr werdet eure schmutzigen Pfoten von euren ehemaligen Mitschülern lassen. Wenn mir auch nur ein Wort davon zu Ohren kommt, dass du weiter Menschen quälst Prinzesschen, dann wird es mir eine Freude sein die Sophie vorbeizuschicken. Nicht nur vorbeizuschicken. Ich werde sie höchstpersönlich vorbeibringen und auf dich loslassen. Hast du mich verstanden?”
Izabella hatte verstanden, das konnte in ihren Augen sehen. Er ließ die Frau los. “Ihr könnt gehen.”
Die Eingangstür schwang auf und bewegte sich etwas, als wolle sie winken.
Ohne auch nur ein Wort zu sagen, stürmte Izabella hinaus und es dauerte nicht lange und ihre Freunde waren ihr gefolgt.
Codo stand da, in einem nun sehr leer wirkenden Saal, nur ein paar Leute, die wie festgewurzelt da standen und den Schritten und den darauffolgenden Motorengeräuschen lauschten.
Lana brach das Schweigen. “Sieht so aus, als wäre dein Plan voll aufgegangen.” Codo seufzte. “Ich hoffe es! Auf nochmal sowas hab ich echt keine Lust. Und noch weniger darauf, meine Drohung wahrwerden zu lassen.”
Er klopfte Sylvain auf die Schulter. “Siehst du, ich hab doch gesagt ich kümmere mich darum!”
Alec stand da und sah seinen Freund ungläubig an. “Und das wars? All den Stress den du dir gemacht hast nur für die kleine Show hier? Nur um ein paar Leuten Angst einzujagen? Wow. Da haste dir ja wirklich umsonst Sorgen gemacht.” Er rollte die Augen und schüttelte den Kopf. “Was passiert jetzt eigentlich mit dem ganzen leckeren Essen?” fragte Venezia und auch Kiki sah sehnsüchtig zum Buffet, das immer noch gut gefüllt war.
“Lust auf einen zweiten Gang?” fragte Codo erleichtert.
Diese Geschichte entstand mit der Hilfe meiner fantastischen Freundin Reenchen
Während sich Diamo mit Jokerface von BCS auf der neuen Unterwasserrennstrecke ein hitziges Rennen liefert, ist es für Sophie und Kiki mal wieder Zeit auf den European Master Schleifen zu sammeln! Beide sind mit einem ersten Platz nach Hause gekommen.
Nach ihrem erneuten ersten Platz machte es sich Kiki auf der Couch im Kaminzimmer bequem und ließ sich feiern. Robin, der in letzter Zeit immer öfter auf dem Mühlenhof anzutreffen war, und auch Nef waren vorbeigekommen, um Kiki zu ihrem Erfolg zu gratulieren. “Wird langsam Zeit dass du Konkurrenz bekommst.” meine Robin und grinste, während Nef von Kiki zu Robin sah und wieder zurück. “Also nicht dass ich dir nichts gönne, Kiki, aber ich verstehs halt einfach nicht. Warum tust du dir den Stress an? So viel Trainieren, dann der Turniertag selber, schauen dass du und das Pferd ordentlich bleiben, nur um dann mit ner Schleife heimzukehren? Was hast du davon?” Robin lachte. “Ner Schleife? Oh, Nef, du hast echt keine Ahnung.” Die Angesprochene verdrehte die Augen. “Als wenn du so viel mehr Ahnung hättest. Abgesehen davon, wenns so toll ist auf Turniere zu gehen, warum warst du bisher nur als Zuschauer da?”
Kiki grinste ob des kleinen Schlagabtausches. “Weil Sam ihn bisher noch nicht gelassen hat. Er ist mit seinem kleinen Bruder echt überpenibel. Seitdem Robin den Reitsport ernsthaft betreibt, drillt Sam ihn, dass jeder Militärausbilder seine Freude daran hätte. Und das, obwohl Sam selbst noch nicht sooo viele Schleifen mit heimgebracht hat. Aber wenn noch ein Logan die Turnierbühne betritt, dann muss das auf soliden Füßen stehen!” sie imitierte mit ihrem letzten Satz Sam und Robin seufzte. “Eine Ausbildung bei Batman wäre noch leichter als dass mein Bruder mich endlich mal bei einem Turnier mitreiten lässt. Abgesehen davon – du kriegst ja nicht nur ne Schleife aufm Turnier.” Nef hob eine Augenbraue, doch Kiki nickte. “Kannst damit echt richtig Geld machen, wenn du platziert wirst. Und je nach Turnier kriegst du natürlich auch eine Trophäe und manchmal gibts auch andre Sachen mit dazu. Wir haben zum Beispiel zwei unsrer Pferde auf Pemberley gewonnen, unsre Hühner haben wir auch von dort und guck mal, die niedlichen Stoffponys, die haben wir auch von Turnieren mit heimgebracht. Oder hübsches Sattelzeug, manchmal kannst du auch einen Decksprung von nem Superhengst gewinnen.” Robin nickte. “Abgesehn davon machts auch wirklich Spaß zu zeigen wie gut du mit deinem Pferd harmoniert. Nicht so wie in der Reitstunde, sondern da, wos auch andre Leute sehn.” Nef war noch nicht ganz überzeugt. “Das ist wahrscheinlich wie mit dem Umgang mit Pferden selbst. Erstmal ausprobieren und sehen obs einem liegt.” Kiki und Robin sahen einander an. “Also wenn du willst…” began Robin vorsichtig und Kiki vervollständigte: “Wir haben hier genug Pferde mit denen du zum Turnier antreten kannst, um zu sehen ob dir das auch Spaß machen würde.”
Nef war schon damals schwer zu überzeugen gewesen sich einem Pferd auch nur zu nähern, doch inzwischen war sie gerne mit Kiki und Robin im Gelände unterwegs. Kiki wollte sich schon fast ausmalen wie das wäre wenn sie als Dreierteam auf Turnieren auftauchen würden, da wurde sie jäh in ihrer Träumerei unterbrochen.
“Was zum Teufel… Das ist meins!” Sam stand da und musterte seinen kleinen Bruder empört. “Das Shirt hab ich auf Pemberley gewonnen, wann hast du…” Robin löste sich vom Kamin und sah sich nach einem Fluchtweg um. “Das ist sooo niedlich und ich wollte einfach mal ausprobieren obs mir steht!” meinte er zu seiner Verteidigung. “Außerdem, solang du mich nicht auf Turniere lässt, wie soll ich da an so coole Sachen kommen? Da muss ich ja fast deine Klamotten nehmen, bleibt mir ja nix andres übrig!” Sam wirkte nicht wirklich überzeugt, gab dann aber mit einem grummeln nach. “Wenn du unbedingt willst, dann darfst du aufs Turnier. Allerdings unter einer Bedingung!” Gespannt sahen die drei Jugendlichen Sam an. “Finger weg von meinem Kleiderschrank!”
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Da der Mühlenhof sowieso gerade selber ein Turnier veranstaltet, ist es irgendwie selbstverständlich, dass die Nachwuchsreiter sich dort ausprobieren. Und wenn schon, denn schon – dann wird in offizieller Schuluniform angetreten, denn immerhin kennen die drei sich aus der Schule!
Kiki tritt im Springen an, Nef versucht sich in der Dressur, da diese ihr einfacher erscheint und Robin ist nicht zu halten und versucht in Dressur und Springen sein bestes.
Und dann folgt auch gleich das nächste Turnier zu dem sich die Mühlenhofler aufmachen – die nächste Runde der European Masters startet und Sophie und Gareth geben mal wieder ihr bestes!
Während Gareth noch die letzten Haferkörner in seinem Futtereimer aufsog wie ein Stabsauger, hatte Sophie ganz andere Sorgen als dass ihr Pferd so kurz vor dem Start sich noch den Magen vollschlug. Auch wenn Codo ihr dafür einen kritischen Blick zugeworfen hätte, denn er vertrat die Meinung, dass man kurz nach dem Essen nicht arbeiten sollte, warum galt denn sonst die Regel, das man eine halbe Stunde nach dem Essen nicht schwimmen gehen sollte, hielt es Sophie eher mit dem alten Spruch “Nach dem Essen sollst du ruhn, oder tausend Schritte tun.” und so unterhielt sie sich viel lieber mit Kayden über die neuesten Klatschgeschichten aus der Pferdewelt und darüber, was sie inzwischen über die Veranstalter der European Masters herausbekommen hatten. Während Kayden leider kein Stückchen weitergekommen war, trotz seiner Kontakte in die Presseszene, hatte Sophie etwas eher unerfreuliches zu berichten. “Eigentlich wollte ich ja nur kurz nachgucken, weil ich eh ins Büro musste, immerhin musste der Trainingsplan angepasst werden, und da hatte ich die Idee einfach mal nachzuschauen, ob sich da irgendwas auf unseren Servern befindet, immerhin wollte Codo ja auch rausfinden, wer dahinter steckt. Könnte ja sein, dass er schon etwas herausgefunden hat und zufälligerweise schon Infos abgelegt hat, da habe ich einen riesigen Ordner mit dem Titel “European Masters” gefunden. Das war irre, der war passwortgeschützt. Und dann kommt Arcale daher und rastet fast aus, was ich da mache und wieso ich auf ihre Daten zugreife, etc. Ich hab Safar später gefragt und der Ordner ist nur über den Bürocomputer überhaupt zugänglich! Keine Ahnung, wie der das gemacht hat, aber Safar hat mir bestätigt, dass es Arcale selber war, die diesen Ordner bei ihm in Auftrag gegeben hat, samt sämtlicher Sperren und Sicherheitsmaßnahmen.” Kayden staunte nicht schlecht. “Also irgendwas geht bei euch im Stall vor.” Sophie nickte. “Die Frage ist halt nur: Was ist es?” Kayden zuckte mit den Schultern und schnappte sich Gareths Zügel. “Ich hab keine Ahnung.” Vorsichtig holte er das Pferd aus der Futterschüssel und in die Stallgasse hinaus, und Sophie schwang sich Gedankenverloren in den Sattel. “Meinst du, du kannst versuchen, irgendwas über Arcale herauszufinden?” fragte Sophie, während sie hinaus in die kühle Abendluft gingen, dem Abreiteplatz entgegen. “Irgendwas, was uns die Möglichkeit gibt, Infos aus ihr herauskitzeln.” Sophie wollte es nicht zugeben, aber es war offensichtlich, dass sie die Buchhalterin des Stalls nicht gut genug kannte, um auch nur irgendeinen Hebel irgendwo anzusetzen. Sie wusste maximal, dass Arcale Buchhalterin war, Dameks Tochter und ihr größtes Hobby tanzen war. Choreografietanz, soviel hatte sie herausfinden können.
Am Abreiteplatz verabschiedete sich Kayden mit dem Versprechen, zu sehen was er über Arcale herausfinden würde und Sophies Gedanken wanderten während des Aufwärmens immer wieder davon, in Richtung des riesigen Geheimnisses das sie hoffentlich schon bald aufdecken würde.
Gareth störte das nicht. Er fand es lustig, dass seine Reiterein nicht bei der Sache war und hatte seinen Spaß daran sie beinahe aus dem Sattel zu befördern in dem er nach dem Übungssprung plötzlich stoppte, ihr die Zügel aus der Hand riss, mal den Hintern ein wenig anhob,..
Natürlich war Sophie inzwischen eine viel zu gute Reiterin als dass sie solche Spielereien tatsächlich aus dem Sattel befördert hätten, aber trotzdem, nach dem sie sich das fünfte Mal wieder im Sattel hatte zurechtsetzen müssen, hatte Gareth sie endlich soweit, dass sie sich auf ihn konzentrierte und auf das, was vor ihnen lag. Nämlich der Parcours der European Masters. Gareth, der ganz genau zu wissen schien, wann er an der Reihe war, hatte bereits seine Schritte in Richtung des Parcours gelenkt und wartete geduldig, bis der Reiter vor ihnen seinen letzten Sprung absolviert hatte, dann schoss er los. Sophie, die gerade wieder ihre Gedanken hatte wandern lassen, schaffte es gerade noch, die Zügel aufzunehmen und ihr Pferd in Richtung des ersten Hindernisses zu lenken, als sie mit mächtigem Satz schon drüber waren. Der sonst so ruhige Hengst schien Nachhilfe bei Sophies Pferd Caitleen genommen zu haben, die dafür bekannt gewesen war, ihrer Reiterin die Hölle auf Erden zu bereiten. inzwischen in Rente, schien Gareth ihr heute um nichts nachzustehen. In rasender Geschwindigkeit nahm er den Parcour und ließ sich nur widerwillig zumindest in Richtung des nächsten Hindernisses lenken zu lassen, den Rest übernahm er aber lieber selber.
Derart gezwungen, sich auf ihr Pferd zu konzentrieren, fand sich Sophie in einer Mischung aus Angst und Faszination wieder. Fasziniert darüber wie klar Gareth seinen Unmut zum Ausdruck brachte, dabei aber sorgfältigst darauf achtete, keines der Hindernisse zu reißen, und Angst davor dass der Hengst sich selber überschätzte und sie jedes Sekunde tatsächlich auf dem harten Boden der Tatsachen landete – wortwörtlich gesehen.
Doch Gareth absolvierte den Parcours gekonnt und zeigte noch ganz andere Qualitäten. ER ließ sich auch nach dem letzten Sprung nicht regulieren und noch während seine Reiterin dachte, das es das jetzt dann wohl gewesen sein musste, stahl Gareth dem nachfolgenden Pferd eindrucksvoll die Show, in dem er einen wunderschönen Sliding Stopp kurz vor dem Ausgang hinlegte und sich Sophie ernsthaft fragte ob Gareth zum Westernpferd umschulen wollte. Doch der Hengst kam zum halten, richtete sich wieder auf und sein eindrucksvolles, dunkles Wiehern klang durch die Abendluft. Dann, als er sich sicher war, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren, trabte er in bester Dressurmanier vom Platz, sich sicher dass er seiner Reiterin eine wertvolle Lektion gegeben hatte. Nämlich die, dass sie niemals ein Pferd unterschätzen sollte und es ihre verdammte Aufgabe war mit ihrem Pferd zusammen einen Parcour zu reiten, ansonsten würde er das nächste Mal demonstrieren, dass er auch sehr gut Freispringen konnte.
„Du weißt schon, dass ich eine Obergrenze für die Pferdeanzahl im Stall festgelegt hab?“
„Für deine Pferde. Die du mit den neuen Pferden von Alec übrigens auch überschreitest.“
„Mach was ich sage, nicht was ich tue, oder wie ging der Spruch? Und nur so nebenbei – das gilt für ALLE Pferde.“
„Nicht für meine.“
„Du kannst nicht einfach wieder anfangen, Pferde zu sammeln, nur weil sie schön aussehen! Wenn wir damit wieder anfangen, dann geht uns schneller der Platz aus, als du „Pferd“ sagen kannst.“
„Das mag alles richtig sein, aber in meinem Arbeitsvertrag steht, dass du allen meinen Pferden eine angemessene Unterkunft bereitstellen musst.”
“Das… Was? In welchem Arbeitsvertrag? Ich hab das unterschrieben?”
“Weiß nicht ob du das unterschrieben hast, aber ich hab auf jeden Fall einen Vertrag von deinem HR Department in dem das drinnensteht.”
“Ich hab ein HR Department? Und dass gibt solche Arbeitsverträge raus?!”
“Oh da is jemand aber nicht Up-To-Date was die Corporate Benefits angeht.”
“Ich biete Corporate Benefits?!”
“Ja, sogar voll die coolen! Nix gewöhnliches, auf jeden persönlich zugeschnitten und von der Buchhaltung auf Steuerersparnis geprüft und für gut befunden.”
“Aha. Und das alles läuft fröhlich vor sich hin, jeder ist happy und nur ich weiß das nicht? Hallo? Ich dachte ich bin der Chef des ganzen Zirkus hier?”
“Bist du doch auch. Also… zumindest auf dem Papier.”
Die Pferde waren bereits gesattelt, als Lana auf den Hof hinaus gekommen war. Codo hatte sie zu sich bestellt.
“Ich glaube, bei einem Ritt ins Grüne lässt sich das besser besprechen.” Lana schnappte sich Kings Zügel und saß auf. Sie folgte Codo hinaus auf dem Weg, der vom Hof weg in die Landschaft führte. Zuerst plauderten sie über dieses und jenes, immerhin war in der letzten Zeit einiges passiert. Schließlich rückte Codo mit der Sprache heraus. “Ich kann die Sicherheitsfirma nicht mehr weiterführen, und auch mit dem Reiterhof wirds knapp von der Zeit her.” Lana nickte bedächtig. Sie wusste, dass jetzt, wo Codo wenn auch unfreiwillig in die Dimension zurück war, aus der er ursprünglich stammte, sich einiges ändern würde. Fünfzehn Jahre war er von zu Hause fort gewesen und jetzt, wo es für ihn und seine Freunde wieder eine Möglichkeit gab in diese Welt zurückzukehren wurde es auch von ihnen gefordert. Codo seufzte. “Ist ja schon ein fantastisches Zugeständnis dass wir immer wieder hierherkommen dürfen, wenn wir nicht gerade Schicht im Militärdienst haben, aber das lässt halt keine Zeit mehr für was anderes.” Lana nickte. “Versteh ich. Zwei Jobs waren ja schon nicht leicht, aber jetzt auch noch einen dritten dazu – unmöglich. Aber was machst du jetzt? Gibst du alles auf, verkaufst du die Firma und den Hof, oder hast du dir etwas anderes überlegt?” Codo begann spitzbübisch zu Grinsen. “Nun ja… ich kenn da so eine junge Frau, die immer wieder mal gemeint hat dass sie in meine Fußstapfen treten will wenn ich mich zur Ruhe setze…” Lana schnappte nach Luft und ihre Hände begannen zu zittern, was der Hengst unter ihr mit einem unwilligen Schnauben quittierte. “Du meinst… ICH soll die Chefin des Mühlenhofes und der Guardians werden?” rief sie aus und die Augen wurden groß. Codo grinste. “Also, nicht komplett Chefin. Bis ich dir die Zügel ganz in die Hand gebe, dauert es noch ein bisschen. So alt dass ich komplett in Rente gehe, bin ich noch nicht. Aber… Geschäftsführerin des Ganzen und Verantwortliche wenn ich keine Zeit hab, doch, das könnte ich mir schon vorstellen. Also, wenn du willst. Wenn nicht…” Codo kam nicht dazu weiter zu sprechen. “Bist du IRRE? Natürlich will ich!” auf Lanas Gesicht war ein breites Grinsen zu sehen und sie schloss kurz die Augen um sich ihre Zukunft vorzustellen. “Geschäftsführerin… Und du bist eh nicht oft da, sogar in einer andren Dimension…” Sie öffnete die Augen wieder und grinste breit. “Auch wenn dus jetzt noch nicht so nennen willst, aber der Mühlenhof gehört jetzt mir.”
Sam schloss die Augen, kurz vor dem Start. Da, das Zeichen. Augen auf und los ging es. Baxter galoppierte ruhig und beständig durch den Wald, nicht im geringsten von den aufgewühlten Gedanken seines Reiters beeindruckt. Sam war dem Hengst einmal mehr dankbar, dass man sich auf ihn verlassen konnte. “Setz du dich auf mich drauf und lenk mich, den Rest mache ich alleine.” Schien das Motto heute zu lauten und auch wenn die Strecke ansich ziemlich gruselig wirkte und sich Sam nicht sicher war, ob nicht irgendwas gruseliges seinen Hengst erschrecken würde, ließ er es darauf ankommen und versank in Gedanken. Immerhin hatte sich auf dem Mühlenhof einiges getan. Nicht nur, dass der Zauber, der sie alle jung gehalten hatte, verflogen war und nicht wenige jetzt mit den üblichen Beschwerden, die im hohen Alter nunmal kamen zu tun hatten – auch hatte eine Aussage seiner Verlobten ihn aus der Fassung gebracht. aber sie hatte vollkommen Recht. Jetzt mussten sie sich überlegen ob sie ein Kind wollten und wenn ja, dann aber schnell dafür sorgen dass es auf die Welt kam. Durch den ungewollten Zeitsprung war er jetzt inzwischen vierzig Jahre alt, seine Partnerin ebenfalls. Wenn das mit der Schwangerschaft überhaupt noch funktionierte, dann war es wirklich Zeit das anzugehen. Aber – wollte er überhaupt ein Kind? Eigentlich hatte der Gedanke ihm schon gefallen irgendwann Kinder zu haben, doch war er wirklich bereit Vater zu werden?
Unter ihm schnaubte Baxter beruhigend und erinnerte ihn daran, dass er keine Angst haben brauchte, was auch immer passieren würde, sein treuer Freund würde immer zu ihm stehen. Sam musste lachen. Auch wenn Baxter es wirklich gut meinte, er würde vermutlich nicht unbedingt groß helfen können, Kinder aufzuziehen. Allenfalls einen guten Babysitter würde er abgeben. Sam klopfte dem Pferd auf den Hals und konzentrierte sich auf dem den Sprung der vor ihm lag. Hell erleuchtet in der dunklen Nacht, sah er fast einladend aus, trotz des Halloween Themas und des Grusels, der eigentlich aufkommen sollte. Hell erleuchtet wie die Zukunft die vor ihm lag?
Ach, was machte er sich denn eigentlich überhaupt Sorgen? Sie hatten auf dem Reiterhof bereits eine Generation großgezogen, die nicht schlecht geraten war und die jetzt die Geschäfte des Hofes und noch viel mehr übernahmen. “Das ist ja auch gelungen, also warum Sorgen machen? Da sind doch ein oder zwei eigene Kinder ein Klacks. Die kriegen wir auch noch großgezogen.” Er nickte bekräftigend und schloss die Überlegungen ab, als Baxter gerade die Vorderbeine hob, um über das Hindernis zu setzen. “Mal sehen, vielleicht machen wir dich auch zum Papa?” meinte er zu Baxter. „Dann hat mein Kind einen treuen Freund mit dem es aufwachsen kann. Genauso treu wie du es bist.”
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Und hier endet dieser Abschnitt des Reiterhofs Mühlenhof. Er wird unter neuer Leitung und mit neuem Abenteuer im Kapitel Mühlenhof – Lanas Reign weitergeführt